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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen

Die amerikanisch-türkischen Beziehungen vor dem Hintergrund des rasanten Verfalls der türkischen Lira

Geschrieben von Ustadh Muhammad Hanafi Yaghmur

Die engen Beziehungen zwischen der Türkei und den USA sowie ihre vollständige Übereinstimmung in der Außenpolitik seit Regierungsübernahme durch die AKP sind allseits bekannt. Trotz des amerikanischen Standpunkts zur Übernahme von F35 Jets durch die Türkei, der Auslieferung der Gülen-Bewegung, zahlreicher weiterer Fragen und des Anstiegs des Dollars gegenüber der türkischen Lira, werden die türkischen Politiker nicht müde, ihre Freundschaftsbekundungen gegenüber den Amerikanern zu wiederholen. Etwa sagte Çavuşoĝlu auf dem Botschafterkongress am 16. August 2018: “Die Vereinigten Staaten von Amerika sind des wahren Freundes nicht gewahr und sehen ihn nicht...Wir wollen keine Probleme mit irgendeinem Staat dieser Welt. Uns erfreut es keinesfalls, Probleme mit den USA zu durchleben. Es ist möglich, unsere vorherrschenden Probleme mit den USA zu lösen, jedoch nicht unter dem Aspekt ihres jetzigen Verständnisses.” [Nachrichtenagenturen]

Im Gegensatz dazu gab Trump in Bezug auf die Türkei folgendes Statement von sich: “Sie hätten Pastor [Andrew Brunson] schon vor langer Zeit freilassen müssen. Ich denke, dass die Türkei sich sehr schlecht verhalten hat und diese Angelegenheit ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden nicht mit gefesselten Händen dasitzen und dies akzeptieren. Sie können unsere Bürger nicht festhalten und wir werden noch sehen, was passieren wird.” [17. August 2018, türkische BBC]

Im Zuge dieser sich gegenüberstehenden Aussagen der Türkei und Amerikas und insbesondere mit Blick auf die Geschichte der türkisch-amerikanischen Beziehungen während der Regierungszeit der AKP, lassen sich die herrschende Anspannung zwischen der Türkei und den USA sowie der Anstieg des Dollars gegenüber der türkischen Lira in folgenden drei Punkten zusammenfassen:

Erster Punkt: Präsident Trump, der in seiner Politik, in seinem Privatleben und in Sachen russischer Einmischungsversuche in die amerikanische Präsidentschaftswahl in Widersprüchlichkeiten verstrickt ist, versucht schon seit Antritt seiner Präsidentschaft mehr Stimmen von den christlichen Fundamentalisten zu gewinnen, insbesondere auch für die Halbzeitwahlen zum Kongress am 06. November. Deshalb ist er um das Hervorrufen von Spannungen mit der Türkei bemüht, während die Republikaner bestrebt sind, die Oberhand über beide Lager zu gewinnen. Wegen dieser amerikanischen Innenpolitik wird im Fall des Pastors Brunson provoziert, werden Sanktionen auferlegt und Spannungen erschaffen. So bestimmt der Fall eines Pastors, der 20 Monate von den Amerikanern unbeachtet in türkischen Gefängnissen saß, plötzlich den Arbeitsplan beider Seiten, der amerikanischen und der türkischen. Zusammengefasst sind die Republikaner bemüht, durch Vereinnahmung des Falles aus religiöser Perspektive in den Wahlen am 06. November im Senat und im Kongress zu überwiegen. Sie instrumentalisieren Brunson, der in der Türkei festgehalten wird, als Sprungbrett für die kommenden Wahlen. Deshalb tätigen sie Aussagen, mit denen sie die christlichen Fundamentalisten ansprechen.

Dies ist in der Zusammenfassung einer der Gründe, die sich hinter den vorherrschenden Anspannungen zwischen Amerika und der Türkei verbergen. Vorher wurde schon der Journalist Deniz Yücel in der Türkei festgehalten. In seinem Fall wurden alle juristischen Prinzipien übergangen, er wurde freigelassen und sofort nach Deutschland zurückgeschickt. All dies geschah innerhalb von Stunden, zugunsten der deutsch-türkischen Beziehungen. Schließt man diesen Aspekt in die Überlegungen mit ein, so stellt man fest, dass es für die Türkei überaus schwer ist, in der Angelegenheit des amerikanischen Pastors eine Position gegen die USA zu beziehen. Vielmehr findet hier eine abgesprochene Auseinandersetzung zwischen den amerikanischen und türkischen Politikern statt, durch die beide Seiten in der Bevölkerung an Geltung gewinnen.

Zweiter Punkt: Wenn man den Anstieg des Dollars insbesondere gegenüber der türkischen Lira betrachtet, eröffnet sich ein weiterer Aspekt. Bekanntermaßen hat Amerika der gesamten Welt den Handelskrieg erklärt. Die Türkei können die Vereinigten Staaten aus diesem Krieg nicht ausnehmen. Ganz im Gegenteil werden die USA nicht zögern, jede sich bietende Gelegenheit zu ergreifen, amerikanische Interessen zu verwirklichen – auch auf Kosten der völligen Zerstörung der türkischen Wirtschaft. Insbesondere weil die Amerikaner annehmen, dass sie durch das Inkrafttreten des Präsidialsystems mit den Wahlen vom 24. Juni 2018 alle Fäden des Regimes in der Türkei in Händen halten. Darauf basierend haben die Amerikaner keine Hemmungen, jegliches Mittel für ihre Angriffe zu verwenden.

Zu den wichtigsten Instrumenten der Kolonialisten gegen andere Länder gehören die Börsen, Banken, die mit Zins arbeiten und das Währungssystem. Die Türkei befindet sich in einer passenden Situation, um sie über die zwei Mittel der Banken und der Währung auszunutzen. Der Grund dafür ist folgender: Gemäß der offiziellen Zahlen, welche die Finanzaufsichtsbehörde am 31. März 2018 bekannt gab, belaufen sich die gesamten Auslandsschulden der Türkei auf 466,7 Milliarden Dollar. Die Auslandsschulden des Privatsektors belaufen sich auf 325,1 Milliarden Dollar. Die Türkei steht wegen der zinslastigen Bankgeschäfte, der Börsen und der Bindung der türkischen Lira an die Leitwährung des Dollars immer für ausländische Einmischung offen. Die Köpfe des Kapitalismus (Amerika und England inbegriffen), deren Gier keine Grenzen kennt, greifen immer zuerst jene Länder an, in denen sie den größten Gewinn machen können, um ihre Gier zu stillen. Aus diesem Grund widersetzte sich Erdogan der Forderung nach Anhebung der Zinssätze, der er bei seinem Besuch der englischen Finanzkreise im Rahmen der Wahlen ausgesetzt wurde. So bot Erdogan zwar der englischen Forderung die Stirn, sah sich nach seiner Rückkehr in die Türkei aber mit dem Anstieg des Dollars konfrontiert.

Aus diesem Grund reiste eine Delegation der türkischen Zentralbank unter der Direktion Mehmet Şimşeks nach England. Dieser Besuch führte dazu, dass die Zentralbank den Leitzins um 175 Punkte mehr anhob, als zu erwarten gewesen war. Zudem war sich Erdogan der gefährlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewusst, die der Türkei bevorstanden, weshalb er die Wahlen vorzog.

Zusammengefasst arbeiten die Finanzkreise wegen der Weltwirtschaft daran, einerseits die Währungspreise und andererseits die Zinssätze zu erhöhen, indem sie die vorherrschenden Schwachpunkte der türkischen Wirtschaft ausnutzen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Zinssätze auf mehr als 28% angestiegen. Mit Blick auf Trumps Aussagen vor den Feiertagen ist zu erwarten, dass Währungspreis und Zinssatz weiter ansteigen werden.

Dritter Punkt: Die Entwicklung in Syrien. Im Zuge des wechselseitigen Kriegs hat sich der Türkei die Möglichkeit eröffnet, die amerikanischen Interessen in der syrischen Politik leichter und ruhiger voranzutreiben. Deshalb reisten der Verteidigungsminister Hulusi Akar und der Leiter des türkischen Auslandsgeheimdienstes Hakan Fidan am 17. August 2018 zur Diskussion der Situation in Syrien nach Russland.

Quelle: Raya Magazin, 196. Ausgabe, 22.08.2018

 

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