Sonntag, 20 Jumada al-thani 1446 | 22/12/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers

Antwort auf eine Frage
Das Rahmenabkommen im Sudan

Frage:

Am 05.12.2022 strahlten Medien und Fernsehanstalten im Sudan Szenen der Unterzeichnung des Rahmenabkommens aus, das im Republikanischen Palast stattfand. Die Vereinbarung wurde zwischen der Armee, vertreten durch den Armeeführer und Vorsitzenden des Souveränen Rates sowie seinen Stellvertreter, und 52 Parteien und politischen Blöcken geschlossen. Die Vereinbarung soll den Weg für eine zwei Jahre währende Übergangsregierung ebnen, bis die Wahlen abgehalten werden. Dies fand unter internationaler Schirmherrschaft statt, besonders die der USA, Großbritanniens und des UN-Beauftragten, der bei dieser Version des Abkommens die Regie führte. Doch es gab Widerstand, sodass es am 08. und 09.12.2022 zu Demonstrationen gegen die Übereinkunft kam. Welche Bedeutung hat diese Vereinbarung? Wer profitiert von ihr? Was ist zu dem Widerstand gegen das Abkommen zu sagen? Und ist zu erwarten, dass es fortbesteht?

Antwort:

Um die Antworten auf diese Fragen zu verdeutlichen, wollen wir folgende Punkte anführen:

Erstens: Zum Inhalt des Abkommens:

1. Das Abkommen legt im ersten Teil fest, dass „der Sudan ein Land mit zahlreichen Kulturen, Ethnien und Religionen“ ist. Hier sei angemerkt, dass die Bevölkerung zu 96% aus Muslimen besteht. Folglich ist ihre Religion und Kultur dieselbe, ungeachtet der Vielzahl ihrer Stämme. Das Abkommen ist daher nichts als List und Trug, um den Islam vom Leben fernzuhalten sowie von der Pflicht, ihn im Bereich der Herrschaft, der Wirtschaft, des Systems der Geschlechterbeziehung, des Strafsystems, der Innen-, Außen-, Kriegs- und Industriepolitik sowie in sämtlichen individuellen und gemeinschaftlichen Belangen zu implementieren. Deswegen heißt es auch im Abkommen: Der Sudan ist ein ziviler, demokratischer, föderaler, parlamentarischer Staat, in dem die Souveränität beim Volk liegt, das die Quelle aller Macht verkörpert. Und das steht alles im klaren Widerspruch zum Islam. Denn der Sudan wird damit zu einem zivilen, d. h. säkularen Staat erklärt, in dem Religion vom Leben getrennt wird. Außerdem soll er demokratisch sein, womit das Recht auf Gesetzgebung dem Volk zugesprochen wird. Die Souveränität liegt damit nicht beim islamischen Recht, dessen Quelle der Koran und die Sunna ist. Zudem soll der Staat föderal sein. Und das stellt ein Regierungssystem dar, das dem Islam widerspricht, den Staat der Gefahr aussetzt, zerstückelt zu werden, und den Bundesstaaten die Abspaltung ermöglicht, wie es im Falle des Südsudan bereits geschehen ist! Darüber hinaus wird sichtbar, dass mit dem Abkommen bezweckt wird, jegliche Spur des Islam im Sudan auszuradieren. So heißt es in der Vereinbarung: Der Staat zwingt niemandem eine Religion auf und ist in religiösen Angelegenheiten sowie in Glaubens- und Gewissensfragen unparteiisch. Er garantiert die Freiheiten und die Einhaltung internationaler Menschenrechtschartas, besonders der Chartas für Frauenrechte. Mit anderen Worten, die Akteure, die hinter der Ausformulierung des Abkommens stecken, wollten bewusst den Islam von den Muslimen in diesem muslimischen Land fernhalten.

2. Im zweiten Teil legt das Abkommen Folgendes fest: Die Übergangsmacht wird einer rein zivilen Regierung in die Hand gelegt (…). Der Staat hat einen Präsidenten mit repräsentativen Aufgaben (…), dann eine Exekutivebene, an deren Spitze ein von den Unterzeichnern dieses Abkommens gewählter ziviler Premierminister steht, zusätzlich zu einem Legislativrat und einem weiteren Rat für Sicherheit und Verteidigung, dem der Premierminister vorsteht und dem die Kommandanten der regulären Streitkräfte sowie der bewaffneten Milizen angehören, die den Juba-Friedensvertrag unterzeichnet haben. Zudem heißt es in der Vereinbarung: Die Armee hält sich von Politik und der Ausübung von Wirtschafts-, Handels- und Investitionstätigkeiten fern. Die Rapid Support Forces und die bewaffneten Gruppen werden in die Armee gemäß den Regelungen integriert, auf die sich später die Integrations- und Demobilisierungskommission im Rahmen eines sicherheitspolitischen und militärischen Reformplanes einigt, der zu einer professionellen nationalen Einheitsarmee führt. Die Vereinbarung sieht zudem die Umsetzung des Juba-Friedensvertrages (…) und die Vollendung des Friedens mit den bewaffneten Bewegungen vor, die den Vertrag nicht unterzeichnet haben. Darüber hinaus erklärt das Abkommen den Start eines umfassenden Prozesses zur Ausarbeitung einer Verfassung unter Aufsicht der Verfassungskommission für Dialog und Einigung über Verfassungsgrundlagen und –fragen unter Beteiligung aller Regionen des Sudan. Vorgegeben wird auch die Organisation eines umfassenden Wahlverfahrens am Ende einer 24-monatigen Übergangsphase, die mit dem Tag der Ernennung des Premierministers beginnt.

Zweitens:

Die Positionen lokaler Akteure:

1. Der Armeeführer und Chef des sudanesischen Souveränen Rates, Abdulfattah al-Burhan, wies während der Zeremonie zur Unterzeichnung des Abkommens auf das oben Erwähnte hin und sagte: Wir setzen uns für einen endgültigen Ausstieg der Militärinstitution aus dem politischen Prozess und für die Durchführung der Wahlen am Ende der Übergangsphase sowie die Umsetzung der im Rahmenabkommen angesprochenen Themen ein. […] Das Land befindet sich in einer Ausnahmesituation. Wir haben in einem Zustand der Zwietracht zwischen den politischen und den militärischen Kräften gelebt, und das hat sich negativ auf das Land ausgewirkt. Wir streben danach, das Militär in eine verfassungskonforme Institution umzuwandeln, die weit weg davon steht, sich auf die Seite einer Partei, einer Gruppe oder einer Ideologie zu schlagen. Und sein Stellvertreter, Muhammad Hamdan Daglo, sagte: Die Unterzeichnung des politischen Rahmenabkommens markiert den Beginn einer neuen, großartigen Phase in der Geschichte des sudanesischen Staates. Die Unterzeichnung des Abkommens lässt auf ein Ende der gegenwärtigen politischen Krise hoffen und auf die Bereitschaft zu einer neuen Übergangsphase, bei der die Fehler der zurückliegenden Phase vermieden werden. Seit der Übergangsphase, die im August 2019 begann, hat es Diskrepanzen zwischen den Elementen des Übergangs und verfehlte politische Praktiken gegeben, die zu den Vorkommnissen vom 25. Oktober führten. Auch war es ein politischer Fehler, der den konterrevolutionären Kräften die Tür zu einer Rückkehr geöffnet hat… Daher sollten die Prioritäten der künftigen Regierung darin liegen, das Juba-Abkommen umzusetzen, den Frieden mit den nicht unterzeichnenden Bewegungen zu vollenden und daran zu arbeiten, den Vertriebenen und Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimatdörfer zu ermöglichen und das Landproblem sowie die Angelegenheit der Nomadenstämme zu lösen. (Amtliche Nachrichtenagentur SUNA, 05.12.2021) Damit rettet das Abkommen die Militärführung unter Burhan sowie seinen Stellvertreter und ihre Gefährten aus ihrer misslichen Lage, da die Menschen gegen ihre Herrschaft sind und sie in der Bevölkerung keinerlei Rückhalt mehr haben. Das Rahmenabkommen garantiert der Armeespitze damit Immunität und wäre für ihre begangenen Verbrechen vor juristischer Verfolgung geschützt. Sie würde somit straffrei davonkommen. Weder waren sie in der Lage, die Staatsgeschäfte zu lenken noch die Probleme im Land zu lösen. Alles, was sie taten, war, nach dem Sturz ihres Vasallen-Genossen Umar al-Bashir für die Wahrung der US-Hegemonie zu sorgen. Doch genauso scheiterte auch die Gegenseite, die sogenannten Kräfte für Freiheit und Wandel (FFC) und die Parteien, die die Regierung gebildet hatten. Sie scheiterten darin, die Angelegenheiten des Landes wahrzunehmen und die Probleme zu lösen. Nicht mal die einfachsten Güter, die die Menschen zum Leben brauchen, konnten sie bereitstellen. Alles, was sie geleistet haben, bestand darin, den britischen Einfluss im Land zu bewahren und sich einem fundamentalen Regimewechsel in den Weg zu stellen.

2. Das Rahmenabkommen stieß auf Widerstand. Am 8. und 9.12.2022 kam es zu Demonstrationen gegen die Vereinbarung, worunter sich auch Kräfte befanden, die es mit ihrer Oppositionstätigkeit nicht ehrlich meinen und die der Umma und der sudanesischen Bevölkerung gegenüber unaufrichtig sind. Zu ihnen gehören etwa die Bewegung „Justice and Equality Movement“ (JEM), angeführt von Jibril Ibrahim, die Sudanesische Befreiungsbewegung (SLA/M) unter der Führung von Minni Arqua Minnawi und politische Parteien, die mit dem probritischen FCC verbündet sind. Großbritannien hat sich also eine Rückzugsfront geschaffen, die als Parallelopposition arbeitet. Sollte nämlich das Abkommen scheitern, würden diese Kräfte als Elemente der Opposition, die ihr Vasallentum verstecken, aktiv werden, um sich an die Spitze der Menschen zu platzieren, denen es nicht gelang, sich aus den Fängen der Vasallen zu befreien, seien es amerikanische oder britische. Wenn sie es einmal schaffen, sich von einer Partei zu befreien, verfangen sie sich in den Klauen der anderen und so weiter. Und das geschieht ununterbrochen, seitdem das Land formell unabhängig geworden ist, d. h., seitdem sich der Kolonialist zwar militärisch zurückgezogen hat, jedoch politisch, ideologisch und wirtschaftlich weiterhin präsent ist.

3. Einigen erscheint das Abkommen als eine Lösung für die vertrackte Herrschaftskrise im Land zu sein, die darin bestehe, dass es Differenzen bei der Machtübertragung an die politischen Kräfte gibt und dem Fernhalten der Armee von Regierung und Politik. Doch es geht um nichts anderes, als dass Vasallen sich untereinander um die Herrschaftsstühle streiten. Es löst vor allem nicht die wirtschaftlichen Probleme, an denen der Sudan leidet und die den Grund für das Aufbegehren der Menschen bilden. Ebenso wenig löst diese Übereinkunft das Regierungsproblem, da es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Vasallen handelt, zwischen Werkzeugen von Großmächten, die miteinander um die Vormachtstellung im Sudan rivalisieren. Diese und andere Probleme lassen sich mitnichten durch ein solches Rahmenabkommen lösen. Denn es fußt auf einem falschen, nichtigen Fundament, nämlich der Trennung der Religion von Leben, Staat und Gesellschaft. Es ist nicht mehr als ein kurzfristiger Burgfrieden zwischen Militär und gewissen politischen Akteuren, die allesamt unaufrichtig sind und ausländischen Mächten folgen. Darüber hinaus hatten beide Seiten bereits vorher eine Vereinbarung für eine Übergangsphase unterzeichnet, die allerdings dann am 25. Oktober dem Staatsstreich zum Opfer fiel. Auch geht es nicht darum, ob eine zivile Regierung gebildet wird oder nicht, da dies nichts an der Situation ändern würde. So ist nirgendwo garantiert, dass es realisiert wird. Denn jede Partei lauert der anderen auf und wird von einer der miteinander rivalisierenden Großmächte gesteuert.

Drittens: Die internationalen Positionen

1. Von amerikanischer Seite wurde das Abkommen gelobt. So äußerte sich US-Außenminister Antony Blinken am 06.12.2022 auf Twitter mit den Worten: Die Unterzeichnung eines grundlegenden, politischen Rahmenabkommens im Sudan ist ein wichtiger Schritt hin zur Bildung einer Zivilregierung und zur Festlegung verfassungsmäßiger Regularien, um den Sudan während einer Übergangsphase zu lenken, die durch Wahlen gekrönt werden soll. Am 07.12.2022 veröffentlichte das US-Außenministerium auf seiner Internetseite ein Statement und erwähnte, dass es die zivilen Kräfte des Sudan und das Militär dabei unterstützt, umfassende Gespräche zu noch strittigen Fragen zu führen, bevor ein endgültiges Abkommen geschlossen und die Macht einer Übergangsregierung unter ziviler Führung übertragen wird. Das Ministerium warnte jeden, der den Vertrag untergraben sollte, mit der Auferlegung von Sanktionen. So erklärte es: Das Ministerium hat heute die Ausweitung von Visabeschränkungen gegen alle derzeitigen oder ehemaligen sudanesischen Verantwortliche oder andere Personen beschlossen, von denen angenommen wird, dass sie für die Unterminierung des demokratischen Wandels im Sudan verantwortlich oder daran mitschuldig sind, indem sie die Menschenrechte und Grundfreiheiten unterdrücken. Dieses Rahmenabkommen bedeutet für die USA einen wichtigen Schritt zur Wahrung ihres hegemonialen Einflusses im Sudan und der Verhinderung eines Sturzes der US-treuen Militärjunta, die von den US-Vasallen Abulfattah al-Burhan, seinem Vize Muhammad Daglo und anderen angeführt wird. Beide hatten schließlich am 25.10.2021, also vor über einem Jahr, gegen die zivile Regierung geputscht und den Übergangsprozess, auf den sich beide Seiten im Abkommen vom 21.08.2019 geeinigt hatten, gestoppt. Die Übereinkunft sah vor, dass der Souveräne Rat 21 Monate lang vom Militär und anschließend für einen Zeitraum von 18 Monaten von Zivilisten geführt wird. Nach dem Juba-Abkommen vom 03.10.2020 wurde die Dauer auf 53 Monate verlängert. Doch dann kam es am 25.10.2021 zum Putsch, um den Großbritannien-Vasallen die Chance zu nehmen und sie daran zu hindern, die Führung des Souveränen Rates zu übernehmen. Somit rettet das jüngste Abkommen die Vasallen der USA vor einem Sturz und vor juristischer Verfolgung und hält den Einfluss Washingtons im Sudan aufrecht. Und die Großbritannien-Vasallen werden ihrerseits daran gehindert, den kompletten Einfluss in die Hand zu bekommen, da sie in den politischen Kreisen die Oberhand haben.

2. Großbritannien gab über seine Ministerin für Afrika und internationale Entwicklung, Andrew Mitchell, bekannt, dass es das Abkommen begrüße. Die Ministerin erklärte: Die Vierergruppe und die Länder der Troika begrüßen diesen wichtigen Schritt hin zu einem Abkommen mit einer zivilen Führung im Sudan. Das Vereinigte Königreich freut sich auf eine enge Zusammenarbeit mit einer solchen Regierung, sobald diese gebildet ist. Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, sich dringend zusammenzuschließen, um eine endgültige Einigung zu erzielen. (Sudan Today, 06.12.2022) Der britische Botschafter im UN-Sicherheitsrat, James Kariuki, warnte davor, dass die Folgen einer Verzögerung beim Erreichen einer endgültigen Einigung im Sudan schwerwiegend sein würden und sagte die Unterstützung Großbritanniens für die künftige Zivilregierung unter ziviler Führung zu, durch Abstimmung mit den internationalen Partnern. Er verwies auf die fragile Situation in einigen Teilen des Sudan, insbesondere in der Region Blauer Nil und im Bundesstaat Westkordofan. (Sudan News, 06.12.2022) Die Briten greifen also – genau wie die Amerikaner – direkt in den Sudan ein und befürworten die Vereinbarung. Denn mittels des UN-Beauftragten waren auch sie – neben den Amerikanern – bei diesem Abkommen federführend und tonangebend. Und sie kündigten ihre Unterstützung für die künftige Zivilregierung an, die sich aller Voraussicht nach überwiegend aus Großbritannien-Vasallen bilden wird. Damit hätte Großbritannien seinen Einfluss in den politischen Kreisen bewahrt – als Weichenstellung für eine zukünftige Machtübernahme und den Versuch, am Einfluss des Militärs in Regierung und Politik zu rütteln.

Viertens:

Zusammenfassend wird bei Untersuchung der aktuellen Ereignisse im Sudan klar, dass sich am internationalen Hegemonialkampf, der im Sudan stattfindet, nichts geändert hat. Vielmehr handelt es sich um eine Auseinandersetzung, die ganz offen und keinesfalls heimlich ausgetragen wird. Und das zwischen den USA, die über Burhan, seinen Stellvertreter und deren Leute bestimmen, und zwischen dem FFC und den mit ihm verbündeten Parteien und deren Gefolge, die zu den Vasallen Großbritanniens gehören. Und da keine der beiden Seiten, also weder die USA noch Großbritannien, es bislang vermochte, hegemonial auf beide Komponenten gleichzeitig, also auf die militärische und die politische, Einfluss zu nehmen, arbeiteten beide auf ein solches Abkommen hin. So geschah es seit dem Sturz Bashirs bis zur Eskalation ihrer Streitigkeiten am 25. Oktober. Und nun kehren sie erneut zu einer Vereinbarung zurück! Doch es ist nur eine vorübergehende Einigung, bis es einer der beiden Seiten gelingt, den Hegemonialeinfluss vollständig zu erlangen, d. h. sowohl militärisch als auch politisch die Oberhand zu gewinnen. Bereits zu Beginn des Burhan-Regimes und auch als sich der „Putsch“ ereignete, haben wir in zwei Veröffentlichungen darauf aufmerksam gemacht:

1. In einer Antwort, die am 23.09.2019 veröffentlicht wurde, also etwa zu Beginn der Beteiligung beider Seiten an der Herrschaft, haben wir bezüglich der Einigung zwischen militärischer und ziviler Komponente auf eine Machtteilung Folgendes gesagt:

Dass allerdings zwischen den USA und Großbritannien Ruhe einkehren wird, ist nicht zu erwarten. Deren Interessen gehen weit auseinander und ihre jeweiligen lokalen Handlanger sind treue Gefolgsleute. Daher wird jede der beiden Parteien daran arbeiten, die Aktivitäten der jeweils anderen Seite zu torpedieren! Verfolgt man die aktuellen Ereignisse, studiert die Zusammenhänge eingehend und analysiert die Aussagen lokaler und internationaler Akteure, insbesondere die der amerikanischen und europäischen Verantwortlichen, ist es möglich die Mittel festzumachen, derer sich beide Seiten voraussichtlich bedienen werden, um den jeweiligen Rivalen in die Enge zu treiben, zu bezwingen und schließlich von der Herrschaft zu verbannen.

Das haben wir damals erwähnt, und so ist es auch eingetreten… In einer späteren Antwort vom 25.10.2021 führten wir aus:

Dass es zu dieser Lage im Sudan kam und dass diese üblen Pfade beschritten wurden, haben die Amerika-Vasallen verursacht ebenso wie die Vasallen Großbritanniens und Europas, die ähnliche Versuche starteten. Und all diese Machenschaft gehen mit Blutvergießen, Unterdrückung, Hunger und Krisen einher. Daher müssen sich die Geschwister im Sudan ihrer Situation bewusstwerden und diesen gescheiterten Herrschern den Rücken kehren, und zwar sowohl den Vasallen Amerikas, als auch denen der Briten und Europäer, die das Blut und das Potential des sudanesischen Volkes in den Dienst dieser ungläubigen Staaten gestellt haben. Die Menschen müssen sich klar positionieren und ihre Reihen gegenüber all diesen Vasallen schließen (…).

2. Bezüglich der Frage, ob das Abkommen langfristig halten und umgesetzt werden wird, so ist das sehr zweifelhaft. Ob es das Land retten wird? Unwahrscheinlich, da das Abkommen auf einem nichtigen Fundament beruht und das Produkt rivalisierender Kolonialmächte ist, die einen provisorischen Burgfrieden geschlossen haben. Außerdem handelt es sich um ein Abkommen zwischen Parteien, die allesamt Vasallen sind und nur an Regierungspositionen und Ämtern hängen. Sie sind lediglich darauf bedacht, ihre finanziellen Gewinne abzusichern und zu vermehren. Weder interessiert sie der Zustand des Landes noch die Lage der Menschen oder die Möglichkeit ihres Aufstiegs und schon gar nicht ihre Befreiung aus der Schlinge des Kolonialismus und der Umklammerung der Kolonialmächte. Sie kennen nicht mal ansatzweise den Weg zum Aufstieg und sind für kolonialistische Akteure tätig, die auf die intellektuelle und politische Festigung ihres Hegemonialeinflusses im Lande hinarbeiten. Insbesondere die USA und Großbritannien ringen um eine Vormachtstellung im Sudan, wobei die Fremdeinmischung für jeden deutlich sichtbar ist. So wohnten die ausländischen Akteure der Unterzeichnung im Republikanischen Palast bei, und sogar derjenige, der das Abkommen ausformulierte, war ein Ausländer, nämlich der UN-Sonderbeauftragte. Auch stand alles im Namen der Vierergruppe und der Troika unter direkter Aufsicht der Amerikaner und Engländer, also der am Hegemonialkampf beteiligten Seiten im Sudan. Die Vierergruppe besteht aus den USA und ihrem Vasall Saudi-Arabien sowie aus Großbritannien und seinem Vasall, den Vereinigten Arabischen Emiraten. Hierbei benutzen die USA Saudi-Arabien, damit es Einfluss auf lokale Parteien nimmt und Bestechungsgelder zahlt. Gleiches tun die Briten mit den Emiraten zu ihren Zwecke. Die Troika wiederum besteht aus den USA, Großbritannien und Norwegen, das den europäischen Teil repräsentiert, ohne jedoch irgendeinen Einfluss zu haben. Es sei denn, es besteht eine Notwendigkeit dazu, wie etwa zur Durchführung von Geheimgesprächen, die oftmals in Norwegens Hauptstadt Oslo stattfinden. Diese ist nämlich dafür berüchtigt, der Ort zum Ausbraten geheimer Übereinkünfte zu sein, bevor man damit an die Öffentlichkeit geht. Zudem hat die amerikanische Seite jedem mit Sanktionen gedroht, der das Abkommen zum Scheitern bringen will. Und Großbritannien droht seinerseits mit harten Konsequenzen, sollte die Vereinbarung misslingen.

3. Der deutsche UN-Sonderbeauftragte Volker Perthes, der beide Seiten der Auseinandersetzung, also USA und Großbritannien, zufriedenzustellen versucht, hat vor einem Scheitern des Abkommens gewarnt. In einem Briefing vor dem UN-Sicherheitsrat sagte er: Da sich der Sudan einem endgültigen politischen Abkommen nähert, könnten diejenigen, die in einer politischen Einigung keine Unterstützung für ihre Interessen sehen, ihre Bemühungen intensivieren, den laufenden politischen Prozess zu untergraben. (Al-Rakuba al-Sudaniya, 08.12.2022) Das Abkommen ist also eine vorübergehende Einigung zwischen den beiden Fraktionen, möglicherweise eine Art Feuerpause. Danach wird der Konflikt erneut losbrechen, bis es einer Seite gelingt, die andere zu bezwingen. Sollte eine Partei es schaffen, würde sich die andere allerdings nicht kampflos ergeben. Sie würde landauf landab und auch im Herzen des Landes, in der Hauptstadt selbst, Probleme aus dem Boden stampfen. Denn beide verfügen über ihre jeweiligen Handlanger und Vasallen. Solange das Land nicht von ihnen gereinigt wird, wird die Lage sich nicht beruhigen und werden die Menschen nicht den kleinsten Hoffnungsschimmer erblicken können. Sie würden niemals ein angenehmes, würdevolles Leben auskosten können und die Glückseligkeit im Diesseits und Jenseits einbüßen. Es obliegt jedem, der aufrichtig und ehrlich ist, mit Entschlossenheit und Fleiß den Weg jener zu beschreiten, die für die Errichtung des Rechtgeleiteten Kalifats nach dem Plan des Prophetentums arbeiten. Jenes Staates, dessen Entstehung uns der Gesandte Allahs (s) als Frohbotschaft verkündet hat:

»ثُمَّ تَكُونُ خِلَافَةٌ عَلَى مِنْهَاجِ النُّبُوَّةِ«

[…]  Sodann entsteht ein Kalifat nach dem Plan der Prophetenschaft.(bei Aḥmad und aṭ-Ṭayālisī tradiert)

(وَيَوْمَئِذٍ يَفْرَحُ الْمُؤْمِنُونَ * بِنَصْرِ اللَّهِ يَنْصُرُ مَنْ يَشَاءُ وَهُوَ الْعَزِيزُ الرَّحِيمُ)

Und an jenem Tag werden die Gläubigen sich freuen, über den Sieg Allahs. Allah schenkt den Sieg, wem Er will. Er ist der Allmächtige, der Allbarmherzige. (30:4-5)

17. Ğumādā al-Ulā 1444 n. H.
11.12.2022 n. Chr.
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