Montag, 21 Jumada al-thani 1446 | 23/12/2024
Uhrzeit: (M.M.T)
Menu
Hauptmenü
Hauptmenü

Media Office
deutschsprachigen Raum

H.  19 Rabi' II 1428 No:
M.  Sonntag, 06 Mai 2007

Stellungnahme des Repräsentanten von Hizb-ut-Tahrir zur zweiten deutschen Islamkonferenz

Am Mittwoch dem 2. Mai 2007 berief der deutsche Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zum zweiten Mal die Islamkonferenz ein. Dort saßen sich 15 "Vertreter" der Muslime und 15 Vertreter des deutschen Staates gegenüber, um über den Integrationsprozess der Muslime in Deutschland zu konferieren. Erklärtes Ziel dieser Konferenz ist es, die Integrationsfähigkeit der in Deutschland lebenden Muslime zu fördern, einen "deutschen Islam" zu schaffen (wie es Schäuble bei der ersten Konferenz formulierte) und "das Zusammenleben von Muslimen und Mehrheitsgesellschaft zu verbessern".

Bevor wir uns den Themen und Zielsetzungen dieser Konferenz zuwenden, wollen wir kurz auf den Seitenhieb eingehen, den Schäuble bei seiner Eröffnungsrede den Muslimen in der islamischen Welt versetzte und dem keiner der so genannten muslimischen "Vertretern" bei der Konferenz mit einem Wort entgegentrat. Im Gegenteil: der Kontext, in dem dieser Seitenhieb bewusst eingebettet wurde, löste bei den muslimischen Vertretern „Erleichterung" und viel Zuspruch aus. So meinte der Innenminister wörtlich: "Die Muslime in Deutschland sind nicht verantwortlich zu machen, wenn in ihren Ursprungsländern Christen, Juden und andere nicht dieselben Rechte genießen." Oberflächlich betrachtet kann man diesen Satz als eine Art Freispruch für die in Deutschland lebenden Muslime werten, dass sie eben nichts für das Unrecht können, das - wie der Innenminister meint - den Nichtmuslimen in den islamischen Ländern von muslimischer Seite zugefügt wird.

Im Grunde aber stellt sich doch diese Frage überhaupt nicht. Es ist gar nicht denkbar - ja sogar absurd - die in Deutschland oder in anderen westlichen Ländern lebenden Muslime in irgendeiner Weise für ein vermeintliches Unrecht verantwortlich zu machen, das in ihren Herkunftsländern Nichtmuslimen widerfährt. Somit ist auch ein diesbezüglicher Freispruch, für den sich Herr Schäuble so „ereifert" hat, gänzlich überflüssig.

Da wir aber den Herrn Innenminister für einen intelligenten und vernünftigen Menschen halten, der durchaus nichts Absurdes oder Überflüssiges in seiner Rede ausführt, sehen wir in seiner Aussage nur mehr die boshafte Tirade, die er mit voller Absicht den vor ihm sitzenden "muslimischen Vertretern" an den Kopf geschleudert hat.

Obwohl wir die heutige nichtislamische Realität in der islamischen Welt mit keinem Wort gutheißen oder verteidigen wollen - jeder, der uns kennt, weiß, dass Hizb-ut-Tahrir durch die Gründung des rechtgeleiteten Kalifats eine grundlegende Veränderung in diesen Ländern herbeiführen will - so muss doch klar festgestellt werden, dass diese Behauptung des Herrn Innenministers falsch ist. Jeder, der muslimische Länder bereist hat, weiß, dass die dort lebenden Nichtmuslime gegenüber der Mehrheitsbevölkerung nicht benachteiligt sind, oftmals über einen höheren Wohlstand verfügen und in manchen Ländern sogar Privilegien genießen, die den Muslimen verwehrt bleiben. Die Chinesen in Malaysia, die Maroniten im Libanon, die Kopten in Ägypten oder die Juden in Marokko sind nur einige Beispiele für gut situierte Nichtmuslime in der islamischen Welt. Dass manche innerhalb dieser Minderheiten Not leiden, liegt an der wirtschaftlichen Misere in diesen Ländern, unter der die muslimische Mehrheitsbevölkerung oft in noch stärkerem Maße zu leiden hat.

Wenden wir uns nun aber Deutschland zu, um zu sehen, ob in diesem "freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat", dessen sich der Innenminister so sehr rühmt, die Muslime wirklich dieselben Rechte genießen wie die "nichtmuslimische Mehrheitsbevölkerung"? Im Umkehrschluss seiner oben erwähnten Aussage setzt er dies als gegeben voraus!

Genießen Muslime etwa dieselben Rechte, wenn muslimischen Frauen verboten wird, in ihrer islamischen Kleidung an Schulen zu unterrichten? In Bayern wurde sogar per Verfassungsgerichtsentscheid die religiöse Kopfbedeckung einer katholischen Nonne an Schulen ausdrücklich erlaubt, das Kopftuch der muslimischen Frau jedoch explizit verboten. Genießen Muslime etwa dieselben Rechte, wenn man den muslimischen Frauen bei der Jobvermittlung rundheraus sagt, dass sie mit ihrem Kopftuch keine Chance haben, in ihrem Beruf einen Job zu bekommen? Genießen sie etwa dieselben Rechte, wenn man Musliminnen das Arbeitslosengeld kürzt, weil sie sich weigern, einen Job anzunehmen, bei dem sie das Kopftuch ablegen müssen? Genießen sie etwa dieselben Rechte, wenn man ihnen offen ins Gesicht sagt, dass man betende Muslime in der Firma nicht haben will? Genießen Muslime dieselben Rechte, wenn sie in ihrer Arbeit gemobbt und manchmal sogar gekündigt werden, weil sie an firmeninternen Feiern, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird, nicht teilnehmen?

Die Liste könnte man noch beliebig fortsetzen. Sie beweist deutlich, dass dieses Gerede von der "Gleichberechtigung aller Bürger" ein blanker Hohn ist, der nur dazu dient, den Muslimen Sand in die Augen zu streuen und ihnen die Lüge zu vermitteln, sie würden hier alle Rechte genießen.

Widmen wir uns an dieser Stelle auch der Aussage der Integrationsbeauftragten der deutschen Bundesregierung Maria Böhmer (CDU), die im Zusammenhang mit der bescheidenen Forderung der Muslime nach getrenntem Sportunterricht für Jungen und Mädchen meinte: „Gleichberechtigung ist nicht verhandelbar!" Nun fragen wir uns wirklich, was getrennter Sportunterricht für Jungen und Mädchen mit Gleichberechtigung zu tun hat? Wenn Mädchen in denselben Sportsälen, an denselben Sportgeräten wie Jungen separat von einer Sportlehrerin unterrichtet werden, ist in diesem Falle das Gleichberechtigungsprinzip verletzt worden? Diesen gedanklichen „Spagat" soll uns Frau Böhmer doch bitte erklären. Oder zweifelt sie etwa damit die Fähigkeit der deutschen Sportlehrerinnen an, den Sportunterricht für Mädchen in gleicher Qualität anbieten zu können wie ihre männlichen Kollegen?

Was die Forderung des Bundesinnenministers nach einem „deutschen Islam" anlangt, so ist dieser seitens der Muslime eine klare Absage zu erteilen, ebenso wie der Forderung nach einem „Euroislam" oder einem Islam in jeder anderen subtilen Begriffskonstellation eine klare Absage zu erteilen ist. Islam gibt es nur einen, und das ist die Glaubensordnung (Din), die Allah, der Erhabene, auf Seinen Gesandten Muhammad (s.) herabgesandt hat, zur Regelung der Beziehung des Menschen zu Gott, zu sich selbst und zu anderen Menschen. Das ist das Bekenntnis, das alle Muslime auf dieser Welt teilen - ob sie nun in Deutschland oder in einem Land der islamischen Welt leben. Dieses Bekenntnis verleiht den Muslimen ihre unverwechselbare Identität und macht sie zu einem untrennbaren Teil der islamischen Umma.

Die Forderung an die Muslime in Deutschland, sich von diesem Bekenntnis abzuwenden und sich zu einer anderen Gesetzgebung zu bekennen, kann und darf nicht angenommen werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass es für die Muslime nicht möglich ist, mit der nichtmuslimischen Mehrheitsbevölkerung in einem westlichen Staat wie Deutschland friedlich zusammenzuleben. Dies ist nicht nur möglich, sondern ein Gebot des Islam. Mit der Einreiseerlaubnis nach Deutschland oder dem Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft hat sich jeder Muslim islamrechtlich dazu verpflichtet, die öffentliche Ordnung in diesem Lande einzuhalten und das Vermögen, die Familienehre und das Leben seiner Mitmenschen in keiner Weise anzutasten. Das ist auch die Grundlage, auf welcher der deutsche Staat Vertragstreue bei den Muslimen einfordern kann. Der Versuch hingegen, die Muslime von ihrer Identität bzw. ihrem Bekenntnis abzubringen, kann nur abgelehnt werden.

Die Muslime in Deutschland sollten sich mit Stolz und Würde zum Islam bekennen. Sie sollten Träger der unverfälschten islamischen Botschaft sein, die Gott seinem Gesandten offenbart hat, um die Menschen von den Finsternissen der Irreleitung zum Lichte der Wahrheit hinzuführen.

Bewusst getätigte, falsche Aussagen deutscher Politikerinnen und Politiker - wie die oben erwähnten - sollten die Muslime als Beispiele für die Verlogenheit des westlichen Wertesystems heranziehen und für die Doppelmoral, die ihre avanciertesten Vertreter kennzeichnet.

((يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اسْتَجِيبُوا لِلَّهِ وَلِلرَّسُولِ إِذَا دَعَاكُمْ لِمَا يُحْيِيكُمْ وَاعْلَمُوا أَنَّ اللَّهَ يَحُولُ بَيْنَ الْمَرْءِ وَقَلْبِهِ وَأَنَّهُ إِلَيْهِ تُحْشَرُونَ))

„Ihr, die ihr glaubt! Folgt Allah und dem Gesandten, wenn er euch zu dem aufruft, was euch Leben spendet. Und wisset, dass Allah zwischen dem Menschen und seinem Herzen steht und dass ihr zu Ihm versammelt werdet!" (8:24)

 

D. I. Shaker Assem

Repräsentant von Hizb-ut-Tahrir

im deutschsprachigen Raum

المكتب الإعلامي لحزب التحرير
deutschsprachigen Raum
عنوان المراسلة و عنوان الزيارة
تلفون: 

Seitenkategorie

Links

Die westlichen Länder

Muslimische Länder

Muslimische Länder