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بسم الله الرحمن الرحيم

 Leitartikel zur Ausgabe 384 des Magazins Al-Waie

Erdogan bekennt sich dazu, den Islam nach Lesart des Westens zu verstehen und nicht nach der Methode unseres Gesandten Muhammad (s)

Trump hat künstlich für eine Finanzkrise in der Türkei gesorgt, als er den Fall des seit 2016 in türkischer Haft befindlichen amerikanischen Pastor Brunson in den Fokus stellte und öffentlichen Druck zu seiner Freilassung aufbaute. Es folgte die Ankündigung von Sanktionen gegen den türkischen Innen- sowie den Justizminister, mit dem Vorwand, die Türkei weigere sich weiterhin, den Pastor freizulassen. Ankara konterte mit ähnlichen Schritten. Daraufhin ordnete Trump an, die Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Türkei zu verdoppeln. Erdogan konterte auch hier auf gleiche Weise. Und so ging der Schlagabtausch weiter. Das alles hat zum Absturz der türkischen Lira geführt und allein in der zweiten Augustwoche zu einem Verlust von 20% ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar, was ca. 40% Verlust des Wertes vom Jahresbeginn bedeutet.

Was an dieser künstlich herbeigeführten Krise besonders ins Auge fällt, ist, dass Vasallen keinerlei Wert besitzen, wenn es um die Interessen ihrer Herren geht. Erdogan etwa war den Amerikanern - und ist es noch immer - stets zu Diensten. Vor allem in Syrien hatte er den Hauptpart übernommen, die Revolution der Muslime gegen das diktatorische Regime Baschar al-Assads zu konterkarieren. Das zeigte sich an den Ereignissen um Aleppo, als er für den Rückzug der Türkei-treuen Kämpfer aus der Stadt sorgte, um sie in seinem Kampf gegen die Kurden zu verwickeln, während zeitgleich Aleppo vom brutalen Unrechts-Regime, unterstützt von seinen Verbündeten Russland, dem Iran, den Milizen und von der ganzen Armada des Bösen angegriffen wurde. Es wird alles mit Russland und dem Iran koordiniert, die mit grausamsten Verbrechen solange gegen die muslimische Bevölkerung in Syrien vorgehen werden, bis jener Zustand erreicht ist, an dem der Sieg Assads und der seines Polizeistaates, der als der brutalste auf Erden gilt, ausgerufen werden kann. Dieser Weg führt über Astana und endet in Genf, wo die Amerikaner auf sie warten werden, um ihnen ihre Lösung zu diktieren. Nichtsdestotrotz sind die USA mit Strafmaßnahmen gegen Erdogan vorgegangen und haben ihn damit international in Bedrängnis gebracht. Sie haben seine schwächelnde Wirtschaft entblößt und damit enthüllt, dass solche Staaten in den Augen des Westens bloß Kartenhäuser sind. Nichts ist einfacher für den Westen, als diese Staaten in ihrer Struktur zu bedrohen, sie zu destabilisieren und sogar ganz auszutauschen. Erdogan und seinen Außenminister jedenfalls hat es ziemlich düpiert, dass die Vereinigten Staaten sie mit solcher Geringschätzigkeit behandeln.

Was ebenfalls bei dieser künstlichen Krise ins Auge fällt, ist, dass das Leid der Völker die Großmächte nicht im geringsten berührt, weder sie noch ihre Vasallen-Staaten. Abgesehen davon, sind sie es, die diese Krisen erzeugen. Es reichte wohl nicht, dass  Erdogan den Muslimen durch sein Intervenieren in der Syrien-Krise im Dienste Amerikas Niederlagen und unfassbares Leid gebracht hat, da verursacht er nun Ähnliches bei seinem eigenen Volk anzutun, dessen Lebensstandard sich verschlechtert und dessen Wirtschaft bedroht ist. Was die USA betrifft, so ist hinlänglich bekannt, dass sie in ihren internationalen Beziehungen anderen Staaten gegenüber geringschätzig auftreten, darunter auch gegenüber den Staaten ihrer Vasallen. Sie scheren sich weder um das Völkerrecht noch um die Vereinten Nationen, sollten sie den US-Interessen im Wege stehen. Die Belange anderer Völker und die Interessen anderer Staaten haben in ihren Kalkulationen keinen Platz. Sie legen alles so fest, wie es ihre Interessen erfordern.

Worauf jedoch das Augenmerk unbedingt gelegt werden muss, ist Erdogans schiefes, verschlungenes Verständnis von dīn. Als Regent seines Landes orientiert er sich nicht ansatzweise an die Gesetze des Islam. Das verheimlicht er auch nicht. Er gibt es offen zu, ganz im Einklang mit seinen Überzeugungen. Er als Person sagt über sich selbst, er sei Muslim, über seine Herrschaft, sie sei säkular, d.h fern von Religion. In einem Interview mit dem Medienvertreter Turki al-Dakhil sagte er am 18.02.2017: „(…) Zunächst einmal können Individuen nicht säkular sein. Ein Staat ist säkular. Das ist ein wichtiger Punkt (…) Säkularismus bedeutet, dass der Staat allen Glaubensrichtungen gegenüber tolerant ist. Der Staat muss allen Religionen und Überzeugungen in gleicher Distanz gegenüberstehen (…) Widerspricht das etwa der islamischen Lehre? Nein das widerspricht nicht der islamischen Lehre (…) Ich sage, wir betrachten Säkularismus nicht als antireligiös oder, dass es keine Religion gibt. Ich habe gesagt, dass ein Individuum nicht säkular sein kann. Säkularismus ist ja keine Religion. Nur der Staat kann säkular sein. Säkularismus bedeutete, die Freiheit aller Religionen und Glaubensrichtungen zu garantieren. Das heißt, er bietet den passenden Untergrund dafür, dass die Religionen in aller Freiheit die religiösen Riten praktizieren können - selbst die Atheisten." Mit dieser Äußerung erklärt Erdogan den Islam zu einer Religion des Individuums, die nur auf den individuellen ʿibādāt (gottesdienliche Handlungen) beruht, gleich jeder anderen Religion. Weder würde sie ein Regierungssystem beinhalten, noch eine šarīʿa für das tägliche Leben. Das allerdings widerspricht dem Islam von Grund auf. Den Träger einer solchen Idee bringt es in gewaltige Gefahr seinem Schöpfer gegenüber. Dieses Verständnis ist nicht das geradlinige Verständnis des Islam, entspricht jedoch voll und ganz der  Verhaltensweise Erdogans als Individuum und Staatsführer. Wir erleben, dass dieser Mensch den Koran liest, ihn mit melodischer Stimme rezitiert, betet, fastet und islamische Emotionen vor den Muslimen in seinem Land und außerhalb seines Landes zeigt. Alles jedoch auf individueller Ebene, ohne sie auf die Regierungsangelegenheiten zu übertragen. Auf diese Weise ist er mit den Rohingya-Muslimen umgegangen. Sein Umgang mit dieser Angelegenheit beschränkte sich auf die verbale, emotionale Solidarität und auf die finanzielle Unterstützung, ohne dass  es sich auf die internationalen Beziehungen wiederspiegeln würde. Sein Verhältnis zu anderen Staaten wird hin und wieder durch einige seiner Positionen belastet. Doch keines der Länder beschuldigt ihn, den Islam in ihre Länder exportieren zu wollen. Selbst die USA, der Westen und die Juden, welche die ärgsten Feinde des Islam und der Muslime sind, behandeln ihn nicht als jemand, der Träger eines islamischen Projektes wäre. Im Gegenteil. Sie kooperieren mit ihm und er mit ihnen im Kampf gegen den Islam (in Afghanistan, im Irak, in Syrien). Und gerade in Syrien ist die Sache ganz deutlich geworden, als Erdogan seine Unterstützung für die Muslime in Syrien bekundete und sie als Flüchtlinge bei sich aufnahm und ihnen Nahrung, Obdach und Erleichterungen in ihrer schwierigen Lage bot. Doch er agierte weiter als Oberhaupt eines säkularen Staates, dessen Gesetze nicht der islamischen šarīʿa entnommen sind. Er ist von diesem Staat überzeugt, so wie er es selbst kundtut. Als Präsident ging er so vor, dass er die militärische Lage in Syrien im Interesse seines türkischen säkularen Staates ausgenutzt hat.

Erdogan erklärt es offen und unverblümt. Er driftet nicht ab, weder in seinen Worten noch in seinen Taten. So versteht er den Islam. Es ist ihm weder peinlich noch betrachtet er es als falsch. So hat er für die „New York Times“ einen Gastbeitrag mit dem Titel „Wie sieht die Türkei die Krise mit den Vereinigten Staaten“ verfasst. Darin geht er auf die Geschichte der türkisch-amerikanischen Partnerschaft und den Grund der Krise zwischen den beiden Ländern ein sowie darauf, wie dieser Konflikt beigelegt werden kann, ohne zu eskalieren. Unter anderem schreibt er: „Die vergangenen sechs Jahrzehnte waren die Türkei und die Vereinigten Staaten strategische Partner und Nato-Verbündete. Unsere beiden Länder standen bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen infolge des Kalten Krieges und seiner Nachwirkungen Schulter an Schulter.“ Und er sagt weiter: „Im Laufe der Jahre ist die Türkei den Amerikanern zu Hilfe geeilt, immer dann, wenn es notwendig war. Das Blut unserer Soldatinnen und Soldaten wurde in Korea  vergossen (…) Infolge der Ereignisse des 11.September, als Washington auf die Unterstützung seiner Freunde und Alliierten zählte, um den Angriff des Bösen zu kontern, entsandten wir unsere Streitkräfte nach Afghanistan zur Unterstützung, um dabei zu helfen, die dortige Mission der Nato zu erfüllen.“ Erdogan sagt es ganz offen: Er rückt von seiner Überzeugung, so wie er den dīn  versteht, nicht ab. In seinem Handeln als säkularer Staatspräsident orientiert er sich nicht am Islam. Er orientiert sich vielmehr an eine laizistische Verfassung, auf die er den Eid geschworen hat, sie zu implementiere. Er hat kein Problem damit. Und er hat - was einem offiziellen Statement gleichkommt - erklärt, dass die Türkei während des amerikanisch-sowjetischen Konflikts an der Seite Amerikas stand, so auch in der Nato und in Afghanistan. Und jeder Sachverhalt für sich stellt eine große Sünde im Islam dar. Da diese Standpunkte aus Erdogans Sicht den Islam nicht tangieren, findet er auch nichts Verwerfliches daran, im Kalten Krieg gegen die Sowjets Schulter an Schulter mit den Amerikanern zu stehen , was etwas ist, das der Islam verbietet. Er stand auch an der Seite der Amerikaner in ihrem Krieg gegen Korea, was der Islam ebenfalls verbietet. Er nahm mit den Amerikanern an der Besetzung Afghanistans und an dem Krieg gegen den Islam teil, der als „Krieg gegen den Terrorismus“, genauso wie die Amerikaner ihn nannten, bezeichnet wurde. Auch in Syrien steht er auf der Seite Amerikas. Und das gilt als noch gravierendere Sünde im Islam. Schwerwiegender als alles andere ist jedoch, dass Erdogan meint, diese Standpunkte hätten mit Religion (dīn) nichts zu tun. Denn der türkische Staat definiere sich über den „Säkularismus“ und nicht über den Islam. Lediglich als Individuum identifiziert sich Erdogan mit dem Islam.

Deshalb sollte jedem Muslim bewusst sein: Das ist Erdogan. Er ist Oberhaupt eines säkularen Staates, steht einer säkularen Partei vor und regiert nach einer säkularen Verfassung. Sowohl innerhalb des Landes als auch im Ausland des Landes arbeitet er auf Basis von riba. Die außenpolitischen Beziehungen seines Landes basieren nicht auf dem Islam. Innenpolitisch handelt der Staat säkular. Das sehen wir in der Realität und mit bloßem Auge.

Jawohl, das sind Erdogans Überzeugungen. Selbst wenn er die Wiederauferstehung  des Osmanentums beabsichtigt, so tut er das aus genau der beschriebenen Warte heraus, nicht weil er das islamische Kalifat aus vergangenen Zeiten errichten will. Er tut es nicht aus der Verantwortung heraus, das rechtgeleitete Kalifat zu errichten, wie der Islam es verlangt, den Staat also, mit dem Allah dem Islam und den Muslimen Größe verleiht und dem Kufr und den Ungläubigen Erniedrigung beibringt. Diese islamrechtlichen Konzepte (mafāhīm) finden sich nicht in Erdogans Enzyklopädie der Herrschaft.

Auf dieser Basis spielt riba in seinen internationalen Beziehungen eine Rolle, ohne dass er darin einen Schaden sieht. Er unterhält politische, diplomatische, Sicherheits- und Handelsbeziehungen zu den Juden, ohne einen Verstoß gegen das islamische Recht zu sehen. Denn der Staat sei schließlich laizistisch und nicht islamisch. Er ist Mitglied der Nato zusammen mit den USA und den Staaten des christlich-ungläubigen, islamfeindlichen Westens. Er beteiligt sich an den militärischen Handlungen des Westens und schreitet mit ihm zur Verwiklichung westlicher Ziele. Zu diesen Zielen gehört, den Islam nicht an die Macht zu lassen. Dazu gehört ebenfalls, sich an der Besetzung Afghanistans zu beteiligen, das mehrmals der türkischen Leitung unterstellt wurde. Das gibt er offen zu und verheimlicht es nicht. Er sieht sich nicht als jemand, der gegen das islamische Recht verstößt und eine Sünde begeht.

Auf dieser Grundlage setzt er in seinem Land ein Wirtschaftssystem um, das nicht ansatzweise einen Bezug zum Islam hat. Er handelt nach dem Vorbild  kapitalistischer Kufr-Systeme. Um das Bild zu verdeutlichen: Die Bevölkerung in der Türkei, die mehrheitlich aus Muslimen besteht, lebt entsprechend ihrer jeweiligen Überzeugung und gemäß ihren Verständnissen über das Leben, darunter auch die Muslime. Doch das tun sie auf Basis der Trennung von Religion und Staat. Wenn also ein Muslim Alkohol trinkt, zina (Ehebruch) begeht, stiehlt, tötet oder sich vom Islam lossagt, so kommen nicht die islamrechtlich vorgeschriebenen Strafen und ḥudūd  zur Anwendung. Selbst der sogenannte Sex-Tourismus ist in der Türkei zu beobachten. Erdogan empfindet es in seiner Eigenschaft als Regent nicht als seine islamrechtliche Pflicht, das alles zu verbieten. Und in Bezug auf die Herrschaft, so funktioniert es in der Türkei genauso, wie es in dem Land funktionierte, bevor Erdogan die Macht übernahm und genau so, wie Atatürk das Land geführt hat. Lediglich eine Sache unterscheidet sich: Atatürk hatte einen religionsfeindlichen Laizismus adoptiert, der sich in erster Linie gegen den Islam richtete. Wir wissen, er hat den Gebetsruf in arabischer Sprache und den Hijab verboten sowie Moscheen schließen und den Koran auf türkisch übersetzen lassen. Erdogan dagegen hat einen Laizismus adoptiert, der nicht religionsfeindlich ist. Da die Menschen mehrheitlich Muslime sind, hatte dieser Wechsel die Menschen positiv gestimmt und wurde von den Muslimen stark begrüßt, besonders nachdem es ihnen mit Erdogans Amtsübernahme möglich wurde, ihre gottesdienlichen und religiösen Gebote zu praktizieren, die ihnen zuvor verwehrt waren. Zahlreich Moscheen wurden wieder geöffnet, die geschlossen waren. Auch unter den Muslimen in der übrigen Welt wurde all das positiv aufgenommen. Sie begannen, diesen Wandel als die islamrechtlich geforderte Veränderung anzusehen und bauten darauf, dass dies die ersehnte islamische Veränderung ist. Warum sie auch noch stärker an Erdogan festhielten ließ, war die Feindseligkeit, die ihm aus dem Kreis der Laizisten bei jedem Schritt entgegenschlug. Diese befürchteten wohl, seine Handlungen zielten darauf ab, das Erbe „Atatürks“ zu zerstören. Da die Standpunkte der Muslime allgemein auf Reaktionen basieren, hielten sie immer mehr an Erdogan fest und stellten sich immer stärker hinter ihn. Sein Erfolg spiegelte sich bei den Wahlen wieder und bei dem Rückhalt, den er hatte, als er gegen das Militär vorging und nicht zuletzt bei der Haltung der Bevölkerung, als sie sich hinter ihn und gegen die Putschisten stellten.

Überall in der Welt begannen die Muslime auf Erdogan als jenen islamischen Helden zu blicken, der die Einheit der Umma wiederherstellen und ihre miserable Lage in den ersehnten islamischen Zustand verwandeln würde. Sie verteidigen ihn und legen ihm Worte in den Mund, die er nie gesagt hat. Sie schreiben ihm Taten und Ziele zu, die ihrer Phantasie entspringen. Die einen behaupten, Erdogan wolle den Islam schrittweise implementieren, wenngleich er selbst gar nicht an den tadarruǧ glaubt und schon gar nicht dafür arbeitet. Er handelt rein nach seinen Überzeugungen, und er glaubt nicht an einen islamischen Staat im Leben, sondern nur an den säkularen Staat. Das sagt er offen, ohne es zu verschleiern. Denn das entspricht seiner Überzeugung. Sagt man es ihnen, erwidern sie, dass der islamische Staat sein Ziel sei, er es jedoch nicht publik mache. Sie blicken auf ihn mit den Augen eines Menschen, der blind ist vor Liebe.

Was er etwa in Syrien begangen hat, ist als Verrat am Islam und als Verbrechen an den Muslimen anzusehen. Er war Hauptbeteiligter daran, dass die Revolution eine Niederlage erlitten hat. Er steht an der Seite Russlands und des Iran, die alle Schritte miteinander absprechen. Wie können jene also Erdogan als ihre Hoffnung und ihre Inspiration ansehen, während sie im gleichen Atemzug Russland und den Iran als die ärgsten Feinde der Umma betrachten?!

Nach diesen Worten, steht es uns zu, Fragen zu stellen:

Vorausgesetzt Erdogan wäre ein Herrscher der Muslime, ist es dann islamrechtlich erlaubt, auf Basis von riba zu handeln ?! Ist es zulässig, jemand anderem als Allah gegenüber loyal zu sein - den USA etwa?! Ist es zulässig Mitglied im Nordatlantischen Bündnis zu sein?! Ist es islamrechtlich zulässig, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union anzustreben?! Ist es nach islamischem Recht zulässig, mit „Israel“ Beziehungen zu pflegen?! Sind die Koordination zwischen ihm, dem Iran und Russland bezüglich Syriens sowie die Unternehmungen zur Zerschlagung der Revolution, um Baschar al-Assad zum Sieg zu verhelfen, zulässig?! Darf er als Herrscher mit einer säkularen Kufr-Verfassung regieren oder zulassen, dass in der Türkei zina, der Handel mit Alkohol und die Lizenzvergabe an Bordelle erlaubt sind?!

Seht euch ein Video an, wo er mit eigener Zunge sagt, dass homosexuelle Handlungen keine strafbaren Vergehen darstellen, sondern unter die persönliche Freiheit fallen und damit unter dem Schutz des türkischen Gesetzes stehen. Hört euch eines seiner letzten Interviews an, wo er sagt, dass die Identität des säkularen Staates, seine Gesetze also, der Mensch festlegt Mit anderen Worten: der Gesetzgeber sei nicht Allah. Jede einzelne Zustandsbeschreibung Erdogans belegt einen Verstoß gegen die Religion, der den Zorn Allahs nach sich zieht.

In diesem Artikel stellen wir Erdogan so dar, wie er ist, ohne ihm etwas anzudichten oder etwas auszulassen. Wir präsentieren das, was er von sich selbst preisgibt und nicht verheimlicht, das, wovon er selbst überzeugt ist.

 Bedauerlicherweise existiert dieses Phantasiebild des vermeintlichen islamischen Führers nur in der Verstellung jener, die sich wünschen, dass der Islam wieder siegreich in Erscheinung tritt. Allerdings verstehen sie den Islam nicht auf korrekte Weise, sei es die Umma allgemein oder seien es die Gelehrten, die ihr Wissen aus den Sharia-Instituten schöpfen und den Islam aufspalten. Den einen Teil übernehmen sie, während sie den anderen weglassen.

Das Kapitel “Erdogan” muss auf diese Weise gelesen werden. Es ist das inkorrekte Islamverständnis, das derartige Haltungen bei den Muslimen erzeugt, die in einem  Zustand gespaltener Persönlichkeit leben. Sie lieben ihren dīn grenzenlos und er ist ihnen ihr teuerster Gut. So vielen Intrigen der Kuffar wurden sie schon ausgesetzt, mit der Absicht, sie vom dīn  zu entfernen. Und doch ertrugen sie viel und tun es noch immer, um an diesem dīn festzuhalten und von ihm so viel wie möglich umzusetzen. Doch verstanden haben sie nicht, was Allah von ihnen will, damit der dīn errichtet wird. Es war daher für diejenigen, die stets gegen den Islam und die Muslime auf der Lauer liegen, ein Leichtes, sie auf diesem Feld zu manipulieren. Von Zeit zu Zeit wird eine neue Figur präsentiert, die der Umma etwas vorspielt, damit sie sie hinter sich herzerren und sie von ihrem (eigentlichen) Ziel, nämlich die Errichtung des dīn, abbringen kann. Die beiden letzten Versuche, die in dieser Arena aufgeführt wurden, war das verstümmelte Exemplar eines Kalifats, das durch die IS-Organisation verkörpert wurde. Der Zweck dessen war, eine allgemeine Negativstimmung gegen das Kalifat zu erzeugen. Nachdem dieses Experiment nach Plan verlief, beobachten wir, wie sie auf politsch agierende islamische Bewegungen  Druck ausüben, um sie davon abzubringen, für den Islam politisch zu arbeiten bzw. in der Politik islamisch aktiv zu sein. Sie sollen wie andere säkulare politische Bewegungen enden, die Religion von Politik trennen. Erdogan wird ihnen als Vorbild und als Modell präsentiert, damit sie den Islam nach seiner Methode verstehen, welche die gleiche Methode des Westens ist, den Islam zu verstehen.

Muslime! Das ist Erdogan. Lasst euch von ihm nicht blenden. Auch wenn er auf persönlicher Ebene dem Recht Allahs nachkommt, betet, fastet und den Koran rezitiert. In seiner Eigenschaft als Herrscher ignoriert er das Recht Allahs. Denn nach dem Islam regiert er nicht. Er versteht Religion nach der Lesart des Westens und hat den Säkularismus adoptiert, der auf der Trennung von Religion und Leben basiert. Allah sagt:

﴿أَفَمَن يَمشِي مُكِبًّا عَلَىٰ وَجهِهِۦٓ أَهدَىٰ أَمَّن يَمشِي سَوِيًّا عَلَىٰ صِرَٰط مُّستَقِيم

Ist denn der, der mit gebeugtem Gesicht zur Erde geht, besser rechtgeleitet als jener, der aufrecht auf dem geraden Weg geht? (67:22)

QuelleDas Magazin Al-Waie, Ausgabe 384, Muḥarram 1440 n. H., September 2018 n. Chr.

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