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بسم الله الرحمن الرحيم

Die Debatte über den Islam in Deutschland

 

In seiner Rede zum 20-jährigen Jubiläum der deutschen Einheit am Sonntag, den 3. 10. 2010, erklärte der deutsche Bundespräsident Christian Wulff, dass der Islam zu einem Teil Deutschlands geworden sei. Manchem deutschen Politiker hat diese Aussage nicht gefallen und so kritisierten einige den Bundespräsidenten mit den Worten: „Wenn der Bundespräsident den Islam in Deutschland mit dem Christentum und Judentum gleichsetzen will, so ist das falsch." Daraufhin beeilte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die Aussage des Bundespräsidenten in Schutz zu nehmen und sie in den entsprechenden Kontext zu setzen, bei gleichzeitiger Betonung der christlich-jüdischen Wurzeln Deutschlands, die sich über Jahrhunderte, wenn nicht über Jahrtausende erstrecken. Die Kanzlerin vergaß nicht ihren Standpunkt nochmals zu betonen und unterstrich, dass die Souveränität in Deutschland dem Grundgesetz und nicht der Scharia obliege.

Wir fragen uns, was es zu bedeuten hat, dass die deutschen Politiker unentwegt das traditionelle „christlich-jüdische Erbe" beschwören und dessen tiefe Verwurzelung in Europa betonen?
Meinen sie etwa, dass die moderne deutsche Geistesbildung ein Resultat der christlich-jüdischen „Aufklärung" sei?

Wie kann das sein, wo doch jedermann weiß, dass die Aufklärungsbewegung der Moderne auf der Zerstörung des religiösen christlich-jüdischen Denkens aufbaute? Hat nicht der Westen seinen Aufstieg erlebt, nachdem er sich vom christlichen Denken befreite?

Oder meinen die deutschen Politiker etwa, dass das geschwisterliche Band zwischen Christen und Juden ein Band der Liebe sei, das sich über Jahrhunderte, wenn nicht sogar über Jahrtausende erstreckte?

Wie könnte man aber so etwas behaupten, wo doch allgemein bekannt ist, dass die Beziehung von Juden und Christen in der Geschichte schlechter nicht sein kann? So waren die Juden in Europa jahrhundertelang, wenn nicht sogar jahrtausendelang der Vertreibung, Aussiedlung und Tötung ausgesetzt. Allein die Judenpogrome stellen ein schwarzes Kapitel europäischer Geschichte dar.

Oder möchte man mit dieser Behauptung etwa ausdrücken, dass Deutschland auf der Anerkennung des christlich-jüdischen Glaubens aufbaue?

Auch diese Deutung wäre unzutreffend, da ja von allen behauptet wird, dass Deutschland ein säkulares Fundament habe, das Religion vom Staate trennt.

Wenn sich nun die deutsche Identität im Gewand der christlich-jüdischen Traditionen darzustellen scheint, wie ist dann die Betonung der Pflicht zur Integration und zur Loyalität gegenüber Deutschland zu verstehen? Bedeutet das etwa, dass die deutschen Politiker von den Muslimen Loyalität gegenüber der christlich-jüdischen Kultur verlangen? Sollen die Muslime ihre islamische Identität etwa aufgeben und stattdessen die „deutsche Identität", d. h. die christlich-jüdischen Traditionen annehmen?

Wir behaupten nicht, dass der Islam ein Teil Deutschlands, ein Teil seiner Kultur und Identität sei. Diese Frage wollen wir auch gar nicht erörtern. Denn hier geht es nicht um die Integration des Islam in das kulturelle Konstrukt Deutschlands und auch nicht um die Integration der Muslime in die deutsche Gesellschaft, indem sie ihre eigene Glaubensordnung aufgeben und die deutsche christlich-jüdische Identität annehmen sollen. Vielmehr geht es darum, dass man im Westen behauptet, dass die westliche Kultur und Geistesbildung auf Toleranz und Freiheit aufbaue. Trotzdem will man den anderen nur dann akzeptieren, wenn er so geworden ist wie man selbst.

Das Problem liegt also weder im Islam noch bei den Muslimen noch in der Betrachtung des Islam als Teil der westlichen Kultur oder in der Betrachtung der Muslime als Teil der westlichen Gesellschaft. Das tatsächliche Problem liegt vielmehr in der Unfähigkeit der säkularen kapitalistischen Ideologie und des darin praktizierten demokratischen Modells das zu akzeptieren, was sich von dieser Ideologie unterscheidet.

Bald wird die Welt das ideale Modell des Islam kennen lernen, wie es sich im kommenden Staate des Kalifats manifestieren wird. Dort wird dem Christen, Juden oder Buddhisten nicht vorgeschrieben seine Kultur und Glaubensordnung aufzugeben um im Staate des Kalifats leben zu können. Vielmehr wird er dort leben und seinen Glauben bewahren können, ohne dass ihn irgendjemand unter dem Vorwand der Integration zwingen darf diesen aufzugeben. Denn der Gottesgesandte, Friede sei mit ihm, sagte:

"إنه من كان على يهودية أو نصرانية فإنه لا يفتن عنها".
„Wer dem Judentum oder Christentum folgt, darf keinesfalls zur Abkehr genötigt werden."

Im islamischen Staat akzeptiere ich also den anderen wie er ist. Im demokratischen Staat hingegen akzeptiere ich den anderen nur unter der Bedingung, dass er so wird wie ich.

 

D. I. Shaker Assem
Mediensprecher
von
Hizb-ut-Tahrir

im deutschsprachigen Raum

 

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