Donnerstag, 24 Jumada al-thani 1446 | 26/12/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

 Antworten auf Fragen

Die jüngsten Entwicklungen in Libyen und im Sudan

Erste Frage:

Khalifa Haftar führte überraschend eine bis jetzt anhaltende Offensive auf den Westen Libyens durch, obwohl es an der Front zwischen ihm und Sarraj fast ruhig geworden war. Was hat sich Neues entwickelt, dass er wieder mit einem Angriff begonnen hat, zumal die in Westlibyen ansässige Sarraj-Regierung auch die international anerkannte ist? Welche Konsequenz hat dieser Angriff? Danke!

Antwort:

Die Antwort wird aus unserer Veröffentlichung vom 20.02.2019 verständlich, die wir ca. 40 Tage vor der Offensive Haftars herausgegeben hatten. Darin haben wir ein klares Bild vom Ablauf der Geschehnisse in Libyen gegeben. Ich werde einige Auszüge daraus zitieren:

Erstens: Als der US-Vasall Haftar die Stadt Benghazi unter seine Kontrolle brachte, fiel der Osten Libyens in seinen Machtbereich. Und nachdem die Kämpfe in der Stadt Derna Mitte 2018 zu seinen Gunsten entschieden wurden, war somit ganz Ostlibyen endgültig in seiner Hand. Als die Gefechte sich auf das Gebiet des sogenannten „Ölhalbmondes“ verlagerten, spitzte sich der Konflikt zwischen den von Haftar angeführten US-Vasallen und den Europa-Vasallen, angeführt von Premier Sarraj (mit Sitz in Tripolis), weiter zu. Nachdem Haftar die Eroberung des „Ölhalbmondes“ gelang, hatte er gegenüber der Regierung Sarrajs militärisch zwar die Oberhand. Doch die militärische Stärke Haftars, unterstützt vom (ägyptischen) US-Vasallen al-Sisi, reichte nicht aus, um auch den Westen Libyens einzunehmen. Der Grund ist, dass die europäischen Länder selbst eine Einnahme Westlibyens verhinderten. Auch lag es an der Tatsache, dass dieses Gebiet an Algerien - einem pro-europäischen Staat - angrenzt. Diese Furcht vor Algerien und vor dessen möglicher Intervention lassen sich aus Äußerungen Haftars deutlich heraushören. So distanzierte sich der libysche Außenminister Taher Siala von den „verantwortungslosen Äußerungen“ des Feldmarshalls Khalifa Haftar, in denen dieser drohte, den libyschen Krieg „von einem Moment auf den anderen nach Algerien zu verlagern“. Haftar hatte bereits mitgeteilt, dass Algerien die Sicherheitslage in Libyen ausnutze und algerische Soldaten die libysche Grenze bereits überschritten hätten. (France 24, 10.09.2018)

Zweitens: Es lagen nun zwei Realitäten vor: Zum einen die mit Unterstützung Ägyptens (und damit Amerikas) geglückte Einnahme Ostlibyens und des „Ölhalbmonds“ durch Haftar und dem gegenüber die Einheitsregierung unter Führung Sarrajs, an dessen Seite Algerien (und damit Europa) steht, das schon aufgrund der geographischen Nähe zu Libyen bereit wäre, diese Regierung zu verteidigen. Durch diesen Zustand ist eine Pattsituation entstanden, auch wenn sich die Waagschale militärisch zugunsten Haftars bewegt aufgrund der großzügigen Unterstützung, die er von den Amerikanern - einhergehend mit ihrer Vorstellung von einer Lösung für Libyen - erhält. Diese sieht vor, dass Verhandlungen eingeleitet werden, sobald die Situation am Boden zu Haftars Gunsten ganz oder so gut wie ganz entschieden ist. Doch aus der Perspektive des politischen Establishments tendiert der Zeiger nach wie vor in Richtung Sarraj. Denn aufgrund des europäischen Einflusses und des Gewichtes, den das pro-europäische Establishment innehat, unterliegt die Hauptstadt Tripolis nach wie der Kontrolle Sarrajs. Daher ist Haftar nicht in der Lage, in Richtung Tripolis vorzustoßen und die Hauptstadt einzunehmen. Ebenso wenig vermag er es (in seiner jetzigen Situation), mit der Sarraj-Regierung auf Augenhöhe Verhandlungen zu führen. Diese Zwickmühle, in der beide Konfliktparteien Libyens stecken, hat zu einer Pattsituation geführt, in der es keiner der Seiten möglich war, eine Entscheidung herbeizuführen. Das Verlagern der Auseinandersetzungen auf den Süden war daher ein Ausweg für Haftar, um seinen militärischen Machtbereich auszuweiten und eine Lösung herbeizuführen, die stärker von den USA geprägt sein soll als von Europa. Und so wurde das Vorhaben in die Tat umgesetzt. Haftars Truppen haben am Mittwoch (16.01.2019) im Süden des Landes eine breit angelegte Militäroperation begonnen, mit dem Ziel, die Region von bewaffneten Gruppen zu „säubern“, darunter Mitglieder des „extremistischen IS“ und „kriminelle Banden“, wie der Sprechers der Libyschen Nationalarmee ankündigte. (France 24, 17.01.2019)

Zusammengefasst: Haftar ist es mit großzügiger amerikanischer Militärhilfe, vor allem über den Weg Ägyptens, gelungen, Libyen in zwei Hälften zu trennen. Die östliche Hälfte hat er vollständig unter seine Kontrolle gebracht, ebenso den Ölhalbmond, Libyens wirtschaftliches Rückgrat. Zudem konnte er in die westliche Hälfte vorstoßen. Und nun treibt Amerika ihn weiter in Richtung Süden, um seinen wirtschaftlichen und militärischen Machtbereich auszubauen. Denn im Zuge des eingetretenen Stillstandes, der aus dem Widerstand Westlibyens resultiert - da man Algerien fürchtet und die Sarraj-Regierung von Europa stark unterstützt wird –, treiben die USA Haftar nun dazu an, andere Ziele für sie zu verwirklichen, nämlich die europäischen Länder in Sachen Migration weiter bluten zu lassen und den französischen Einfluss in den Nachbarstaaten Libyens – beginnend mit dem Tschad - zurückzudrängen. (Ende des Zitats)

1. Offenbar hat Haftar die Entwicklungen in Algerien und die Tatsache, dass die algerische Armee mit den dortigen Ereignissen beschäftigt ist, dazu ausgenutzt, mit einer Offensive in den Westen Libyens einzudringen, die er am 4. April gestartet hat, d. h. zwei Tage nachdem mit der Abdankung Bouteflikas der Höhepunkt der Krise (in Algerien) erreicht war! Das ermöglichte ihm, auf spektakuläre Weise gegen die Hauptstadt Tripolis vorzurücken.

2. Was die Folge dieses Angriffs betrifft, so ist nicht zu erwarten, dass Haftar diese Angelegenheit für sich entscheiden kann, indem er Tripolis einninmmt. Und das aus zwei Gründen:

Erstens: Diejenigen, die Haftar stets im Wege standen, waren Europa und Algerien. Was Algerien anbelangt, so ist das Land gegenwärtig mit eigenen Problemen beschäftigt. Europa hingegen ist nach wie vor imstande, politisch Druck auszuüben. So rief die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag zu einer humanitären Waffenruhe in Libyen auf sowie zur Wiederaufnahme der Verhandlungen. (Sky News, 08.04.2019) Ebenfalls legte Großbritannien dem Sicherheitsrat einen Entwurf für ein sofortiges Ende der Kämpfe vor: Großbritannien unterbreitete dem Weltsicherheitsrat einen Resolutionsentwurf, der zur sofortigen Feuerpause in Libyen aufruft, nachdem Einheiten, die dem starken Mann Ostlibyens, Feldmarshall Khalifa Haftar angehören, eine Offensive zur Eroberung von Tripolis gestartet hatten. Das geht aus dem Entwurfstext hervor, dessen Kopie der Nachrichtenagentur France Press seit Dienstag vorliegt. In dem Resolutionsentwurf heißt es, dass die Offensive der „Libyschen Nationalen Armee“ unter Führung Haftars „die Stabilität in Libyen und die Aussichten auf den unter Schirmherrschaft der UNO laufenden politischen Dialog sowie eine umfassende politische Lösung der Krise, bedroht.“ (France Press, 16.04.2019) Von europäischer Seite wird alles versucht, Haftar mit politischem Druck am Weitermarsch zu hindern. Sogar militärisch würde man, wenn nötig, eingreifen: Der offizielle Sprecher der LNA, Major Ahmad al-Mismari, versicherte, die Flugzeuge der zur Einheitsregierung gehörenden Streitkräfte würden bei den Luftangriffen auf libysche Stellungen von ausländischen Piloten geflogen. (Al-Arabiya net, 13.04.2019) Und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini drängte am heutigen Dienstag die EU-Staaten dazu, die Rückkehr der Militärschiffe ins Mittelmeer zu genehmigen, um im Rahmen der Mission „Sophia“, den Öl- und Waffenschmuggel in Libyen zu bekämpfen. „Die Offensive, die Feldmarschall Haftar auf Tripolis begonnen hat, kann sich zu einem dauerhaften Konflikt entwickeln mit Waffen, die in Libyen nicht eingesetzt werden dürften“, so Mogherini weiter. (Al-Madina, 17.04.2019) Obgleich sich ihre Forderung auf eine Rückkehr der Kriegsschiffe zur Verhinderung des Waffen- und Ölschmuggels richtete, brachte sie dennoch das Thema Haftar und seine Offensive auf Tripolis ins Spiel! Es ist daher nicht abwegig, dass diese Kriegsschiffe über Umwege gegen Haftar und seine Offensive eingesetzt werden, und zwar mit dem Argument, gegen Öl- und Waffenschmuggel vorzugehen.

Zweitens: Den USA, die Haftar besonders über den Weg von Sisis Ägypten unterstützen, ist das europäische Interesse in Libyen bewusst und ebenso, dass die Europäer alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um ein Entgleiten Libyens aus ihren Händen aufgrund von Haftars Angriffen zu verhindern und dass sie sich mit einem einfachen Rückzug ohne Beute nicht zufriedengeben würden. Denn den Amerikanern ist klar, dass sich die Europäer mit ihren diversen Mitteln dagegen stemmen werden, Libyen komplett aus der Hand zu geben. Daher plädieren die USA für eine Verhandlungslösung: Die US-Botschaft in Libyen hat am heutigen Montag eine Erklärung herausgegeben, in der sie erneut betont, dass „es keine militärische Lösung für den Konflikt in Libyen gebe.“ Über ihren offiziellen Twitter-Account betont sie, dass „eine politische Lösung und der Vorschlag eines Planes zur Gewährung von Sicherheit, Stabilität und Wohlstand für alle Libyer der einzige Weg ist, um das Land zu vereinen.“ (Sputnik arabi, 08.04.2019) Doch die USA werden das Ganze hinauszögern, bis sich die Lage für Haftar verbessert hat, indem sich die Fläche der von ihm kontrollierten Gebiete vergrößert und er damit in eine stärkere Verhandlungsposition kommt. Folglich wäre die Ausbeute für die USA aus der Verhandlungslösung größer und reicher verglichen mit dem Anteil der Europäer, besonders Großbritanniens.Denn ein Großteil der politischen Elite gehört zum Gefolge Großbritanniens. Haftar wird daher voraussichtlich von einer kompletten Eroberung der Hauptstadt Tripolis und von weiteren Gebieten im Umkreis absehen und dann mit Verhandlungen beginnen. Er wäre dann in einer Position der Stärke. Das lässt sich aus den Plänen der USA herauslesen. Diese Pläne könnten scheitern, sollte es Algerien gelingen, sein Problem zeitnah zu lösen, sodass die algerische Armee Drohungen und Einschüchterungen gegen Haftar aussprechen kann und sie sogar umsetzt, obwohl den Umständen nach eine schnelle Lösung für Algerien nicht in Sicht ist. Und dies wird dazu führen, dass die Lösungen längere Zeit in Anspruch nehmen werden.

3. Und so werden die Muslime von beiden Seiten getötet: von der Armee Haftars und der Regierung Sarrajs. Nicht etwa, um den dīn Allahs zu erhöhen, und auch nicht, damit die Diener Allahs einen Aufstieg erfahren, sondern vielmehr, damit sich Europa und die USA ins Fäustchen lachen darüber, dass sich Leute zugunsten der Interessen Dritter gegenseitig bekämpfen! Und wenn die Schuldigkeit der Vasallen getan ist, werden sie, ohne ihnen eine Träne nachzuweinen, ihrer Dienste enthoben. So gehen die kolonialistischen Ungläubigen mit ihren Agenten um. Diese lassen sich weder ermahnen noch bereuen sie, weder erkennen sie ihr eigenes verlorenes Diesseits noch den Abgrund ihres Jenseits. So spricht Allah (t) die Wahrheit, wenn Er sagt:

﴿وَمَنْ كَانَ فِي هَذِهِ أَعْمَى فَهُوَ فِي الْآخِرَةِ أَعْمَى وَأَضَلُّ سَبِيلاً

Und wer in diesem (Leben) blind ist, der wird (auch) im Jenseits blind und noch weiter vom Weg abgeirrt sein.“ (17:72)

Zweite Frage:

Was geschieht gerade im Sudan? Al-Bashir tritt zurück bzw. wird abgesetzt und an einem sicheren Ort festgehalten. Ihm folgt Awad. Am Tag darauf tritt auch dieser zurück. Dessen Nachfolger wird Burhan. Der Leiter der „Rapid Support Forces“ (RSF) verkündet, dass er nicht in den Militärrat eintreten werde. Am nächsten Tag ist er stellvertretender Präsident des Militärrates!

Antwort:

Bruder, hättest du unsere Veröffentlichungen verfolgt, so hättest du ein klares, ungetrübtes Bild vor Augen. Wir hatten am 04.03.2019, also etwas mehr als einen Monat vor der Absetzung Bashirs, dazu eine Veröffentlichung herausgebracht. In der dortigen Schlussbetrachtung führten wir Folgendes aus:

Abschließend sollten zwei Punkte genau betrachtet und ins Auge gefasst werden:

Der erste Punkt: Das Erste, was die Amerikaner ihren Vasallen stets auferlegen, ist, größtmögliche Anstrengungen aufzuwenden, wenn es darum geht, amerikanischen Interessen zu dienen. Umar al-Bashir hat genau das getan. Es ging sogar so weit, dass er selbst seinen eigenen Eid verraten hat und den Südsudan vom Rest des Landes abtrennte. Bis heute wird al-Bashir von den USA unterstützt, was - wie wir oben aufgezeigt haben - die Kontakte, die sie zu ihm und seinem Regime pflegen, beweisen. Doch sollten sich die Proteste fortsetzen und sollte al-Bashir sie in absehbarer Zeit nicht in Griff bekommen, wird er bei den Amerikanern in Ungnade fallen. Dann wird er nämlich nicht mehr imstande sein, amerikanischen Interessen zu dienen. Sollte es so kommen, werden die Amerikaner ihn sehr wahrscheinlich auswechseln und möglicherweise einige ihrer Gefolgsmänner aus der Regierung abziehen, um sie auf der Welle der Opposition reiten zu lassen. Hier sei besonders die Partei Merghanis genannt, einer ihrer Getreuen. Es könnte also darauf hinauslaufen, eine Alternative vorzubereiten. Denn eine Auswechslung Bashirs setzt voraus, dass man eine von den Menschen akzeptierte Alternative parat hat. So gehen die Amerikaner stets mit ihren Vasallen um. So gingen sie auch im Falle des gestürzten Präsidenten Mubarak vor. Nachdem er die Demonstrationen nicht in den Griff bekam, befahl Amerika ihm, zurückzutreten. Und er tat wie ihm geheißen und machte Platz für Tantawi und den Militärrat. Das ist die typisch amerikanische Methode. Allein: Eine Alternative muss zur Stelle sein, bevor Amerika ihrem Vasallen den Befehl erteilt, seinen Hut zu nehmen. Denn ein Wechsel noch bevor eine Alternative herangereift ist, so die Furcht der Amerikaner, würde eventuell Personen an die Macht bringen, die womöglich aufrichtig und rechtschaffen sind und ihnen wie ein Stachel im Halse stecken bleiben könnte - oder mehr noch: wie ein Dolch in ihrer Brust. Das Festhalten an Umar al-Bashir bis zum heutigen Tage ist daher aus dieser Warte zu betrachten.

Der zweite Punkt: Zu befürchten ist, dass das Blut der Toten und Verletzten umsonst geflossen sein wird und dass die Zerstörungen in den Straßen und an den öffentlichen Anlagen umsonst waren. Es ist ebenfalls zu befürchten, dass die Proteste am Ende dahin führen, dass ein Vasall durch einen anderen ersetzt wird und dass die positivistische Verfassung, die Seelen zugrunde richtet und Menschen auszehrt, weiterhin im Lande Bestand haben wird. Davor warnen wir, denn bis heute hat man noch keine Forderungen nach dem Islam gehört. In den Protesten vernimmt man keinen Ruf nach Implementierung der islamischen Gesetze, auch wird nicht der rechtschaffenen, aufrichtigen Führung gefolgt, die für die Wiederaufnahme des islamischen Lebens durch Errichtung des Rechtgeleiteten Kalifats arbeitet. So würde die politische Krise bleiben, wie sie ist, ja sich sogar noch verschlimmern. Gleiches gilt für die Wirtschaftskrise. Und die Worte Allahs (t) sind die offenkundige Wahrheit, wenn Er (t) sagt:  فَمَنِ اتَّبَعَ هُدَايَ فَلَا يَضِلُّ وَلَا يَشْقَى * وَمَنْ أَعْرَضَ عَنْ ذِكْرِي فَإِنَّ لَهُ مَعِيشَةً ضَنْكا﴿„Und wer Meiner Rechtleitung folgt, der wird nicht in die Irre gehen noch wird er Unglück erleiden. Dem jedoch, der sich von Meiner Ermahnung abkehrt, wird ein Leben in Drangsal beschieden sein.“ (20:123-124)

Auch spricht Allah, der Allwissende und Allweise, die Wahrheit, wenn Er (t) sagt: فَاعْتَبِرُوا يَاأُولِي الْأَبْصَارِ﴿ „Darum zieht eine Lehre daraus, ihr, die ihr Einsicht besitzt.“ (59:2)

2. Was geschehen ist und noch immer geschieht, spiegelt genau das wieder, was wir in unserer Antwort ausgeführt haben. Al-Bashir gelang es nicht, den Protesten ein Ende zu setzen. Da hat Amerika sich seiner entledigt, und sein Ende bestand aus Verlust, Erniedrigung und Verachtung! Am Donnerstag folgte ihm Awad bin Auf. Am Freitag wurde auch dieser beiseitegeschoben - als wenn er nur ein Zwischenelement gewesen wäre. Abgesehen davon wurde er von den Menschen auf der Straße nicht akzeptiert. Danach kam man mit Abdulfattah Burhan: Al-Bashir ernannte ihn im Februar 2018 zum Stabschef der Bodentruppen. Am 26. Februar beschloss al-Bashir Stabsoffizier Oberst Abdulfattah zum Generaloberst zu befördern. Darüber hinaus wurde er noch am gleichen Tag zum Generalinspekteur der bewaffneten Streitkräfte ernannt. (Mawqi´ al-Sudan, 13.04.2019) Das heißt, al-Bashir ernannte ihn noch während der Proteste zum Generalinspekteur der Armee! Dabei war er es, der am Freitagmorgen (12.04.2019) noch mit den Protestierenden verhandelte. Und am Freitagabend war er Chef des Militärrates, wie es in Bin Aufs Erklärung verkündet wurde, als dieser seinen Rücktritt vom Vorsitz des Militärrates, den er für genau einen Tag innehatte, ankündigte! Um die Lage zu entschärfen, führte Burhan einige Maßnahmen durch: So legte der Vorsitzende des sudanesischen Übergangsrates der Armee, Abdulfattah al-Burhan, Wert darauf, sich gegenüber den Demonstranten volksnah zu geben. Er kündigte in seiner ersten Erklärung an, einen Militärrat zu bilden, der die Souveränität des Staates und eine „anerkannte“ zivile Regierung repräsentiert, um in der kommenden Phase das Land zu führen, die Ausgangssperre aufzuheben und die Inhaftierten freizulassen. (Al-Khartoum-albayan, 14.04.2019) Anschließend ernannte er den Chef der Rapid Support Forces (RSF) Muhammad Hamdan Daglu zu seinem Stellvertreter. Und das Erstaunliche ist, dass dieser Daglu am Donnerstag, den 11.04.2019, noch verkündet hat, sich nicht am Militärrat beteiligen zu wollen. Tags darauf war er Vize-Chef des Militärrates! Und so lautete seine Erklärung: „Ich möchte der Allgemeinheit des sudanesischen Volkes mitteilen, dass ich als Chef der RSF ab dem 11. April von einer Teilnahme am Militärrat Abstand nehme, wofür ich um Verständnis bitte, dass wir aber Teil der bewaffneten Streitkräfte bleiben und uns weiterhin für die Einheit des Landes, für die Respektierung der Menschenrechte und für den Schutz des sudanesischen Volkes einsetzen werden.“ (RT, 12.04.2019) Doch schon am darauffolgenden Tag war er stellvertretender Chef des Militärrates! Am Samstagabend ernannte der Präsident des Übergangsrates der Armee den Befehlshaber der RSF Muhammad Hamdan Daglu zum stellvertretenden Chef des Übergangsrates. (Al-Marsad al-Ahad, 14.04.2019) Es ist bekannt, dass dieser Mann einer der Eckpfeiler des Bashir-Regimes war - und scheinbar auch des neuen Regimes. Denn nicht einmal einen Tag nach seiner Ernennung traf er sich in aller Herzlichkeit und Freundschaft mit dem geschäftsführenden Botschafter der USA in Khartum: Der stellvertretende Chef des Militärrates, Generaloberst Muhammad Hamdan Daglu, traf sich am heutigen Sonntag im Präsidentenpalast mit dem geschäftsführenden Botschafter der USA, Steven Koutsis, in Khartum. Nach Angaben der sudanesischen Nachrichtenagentur „Suna“ setzte Daglu den geschäftsführenden US-Botschafter über die „Lage und die Entwicklungen im Land“ in Kenntnis sowie über die „Gründe, die zur Bildung des militärischen Übergangsrates führten und über die Schritte, die er zur Wahrung der Sicherheit und Stabilität des Sudan unternommen hat.“ Laut der Nachrichtenagentur begrüßte der US-Diplomat die Rolle des Militärrates bei der Realisierung der Stabilität. Er hob die Notwendigkeit einer fortlaufenden Kooperation beider Seiten in dem hervor, was die sudanesisch-amerikanischen Beziehungen zu stärken vermag.“ (Mawqi 24, 14.04.2019)

3. Um an der Stabilisierung mitzuwirken, stellten die USA die Möglichkeit in Aussicht, die Sanktionen aufzuheben: Ein Verantwortlicher aus dem US-Außenministerium sagte, die USA würden neue Wege studieren, um den Sudan von der Liste Terror unterstützender Staaten zu entfernen, wenn sie substantielle Veränderungen in der sudanesischen Regierung sähen und der Sudan sich daran halte, Terrorismus nicht zu unterstützen. (Al-Bayan über Reuters, 17.04.2019)

Danach strömten die Vasallen Amerikas scharenweise heran, um die neue Lage zu stützen:

- Al-Sisi nimmt Kontakt zum Präsidenten des Militärrates im Sudan auf: Der ägyptische Staatspräsident sagte dem Vorsitzenden des militärischen Übergangsrates des Sudan, Stabsoffizier Generaloberst Abdulfattah Burhan, seine volle Unterstützung zur Wahrung der Sicherheit und Stabilität des Sudan zu. (Akhbar al-Alam al-Arabi, 16.04.2019)

- Eine hochrangige ägyptische Delegation besuchte den Sudan, um „die Unterstützung der Entscheidungen des sudanesischen Volkes zu bekräftigen“: Eine hochrangige ägyptische Delegation besucht den Sudan, um die volle Unterstützung Ägyptens zu bekräftigen. (Al-Yawm al-Sabi´, 17.04.2019)

- Abu Dhabi –Sky News Arabiya: Der Ministerrat Saudi-Arabiens unterstützt laut der sudanesischen Nachrichtenagentur „SPA“ ausdrücklich die Sicht des sudanesischen Volkes bezüglich seiner Zukunft sowie die Beschlüsse des Übergangsrates im Sudan. (Website Al-Watan, 16.04.2019)

 

4. Die Politik Amerikas liegt nunmehr für jeden offen auf dem Tisch. Die USA stützen sich auf ihre Gefolgsmänner in der Armee und verlangen von ihnen, ihren Interessen zu dienen und die Lage unter Kontrolle zu bringen. Sind sie dazu nicht imstande, werden sie entsorgt und man bedient sich anderer Männer aus der Armee. Trotz der Vielzahl an aufrichtigen Männern in den Armeen der Muslime, findet Amerika stets jemanden, den es mit diesseitigen Gütern verführen kann, der bereit ist, seine Umma zu verraten, und den es nicht kümmert, was mit seinesgleichen früher schon passiert ist, nachdem sie ihre Schuldigkeit getan hatten! Die Politik der USA lässt zu, dass eine zivile Regierung eingesetzt wird, wenn sie ihnen dienlich ist. Anschließend beseitigen sie sie und setzen ihre Vasallen aus dem Militär wieder ein. Das taten sie auch mit Mubarak. Als die Proteste ausbrachen und Mubarak sie nicht in den Griff bekam, wurde er beiseitegeschoben. Dann kam Tantawis Militärrat an die Reihe, bevor eine zivile Regierung unter der Kontrolle des Militärs zum Zug kam. Anschließend kehrte mit al-Sisi wieder ein Mann des Militärs zurück, d. h., die Armee war erneut an der Macht. Gleiches taten sie auch mit Numairi (im Sudan). Nachdem es zu Protesten kam und er sie nicht unterbinden konnte, entsorgten ihn die USA. Danach kam Sewar al-Dhahab und nach ihm al-Mahdi in zivilen Regierungen an die Macht, doch standen auch diese unter der Kontrolle des Militärs. Daraufhin folgte mit al-Bashir wieder ein Mann Amerikas aus dem Kreis des Militärs. Mit anderen Worten: Die Armee war wieder am Zug. Nun hat al-Bashir es nicht geschafft, die Proteste zu beenden und wurde daher ebenfalls entsorgt. Und jetzt sind Burhan, sein Militärrat und sein Stellvertreter Daglu dran. Burhan erklärte bereits, er werde eine zivile Regierung bilden, jedoch unter der Kontrolle des Militärs. Dann wird er Zivilisten für eine gewisse Zeit an der Macht teilhaben lassen, bevor das Spiel wieder von vorne beginnt! Diese Politik des Westens ist im Umgang mit den Agenten fast schon zur Tradition geworden. Allerdings versuchen die Europäer, vor allem die Briten, rechtliche Auswege bei diesem Prozess zu finden, während die Amerikaner sich um rechtliche Auswege nicht scheren!

5. Obwohl sich die Opposition inzwischen aus Gruppen unterschiedlicher Couleur zusammensetzt und die Briten dort über einen beträchtlichen Einfluss verfügen, besonders innerhalb des Gewerkschaftsbundes SPA und ebenso auf die Partei al-Mahdis, bleibt der Einfluss der Opposition dennoch begrenzt, selbst dann, wenn sie in eine zivile Regierung eintreten sollte, solange die tatsächliche Macht von den Männern Amerikas in der Armee gehalten wird. Und das ist – wie wir bereits erwähnt haben – fast gängige Politik der USA in den muslimischen Ländern. Fairen Wahlen messen die Amerikaner kein Gewicht bei, denn die Ergebnisse würden nicht in ihrem Interesse ausfallen. Sie stützen sich vielmehr auf eine Anzahl an Gefolgsleuten in den Armeen der Muslime, die bereit sind, ihren dīn und ihre Umma zu verraten. Haben sie schließlich ihre Rollen erfüllt, werden sie am Ende entsorgt, womit sie neben ihrem verlorenen Jenseits auch noch ihr Diesseits verlieren.

6. Doch das Schmerzhafte ist, dass es in diesen Armeen viele gibt, die ihren dīn und ihre Umma lieben. Wie können sie es zulassen, dass die Gefolgsleute Amerikas in ihren Reihen - wo diese doch eine kleine, gering geschätzte Minderheit bilden, zusätzlich zu denen, die sich in Versuchung haben führen lassen - Verderben auf Erden verbreiten und hinter Amerika herlaufen, was doch eigentlich kein einfacher Weg ist? Sie nehmen Opfer hin, werden verletzt und getötet - und das für den Kopf des Übels, die USA, und die übrigen Staaten des ungläubigen Westens. Wie kann das bloß sein?! Würden sie Allah und seine Glaubensordnung (dīn) unterstützen, wären sie im Diesseits und im Jenseits siegreich. Sie wären gleich den anṣār, die Allahs gedachten und Ihn unterstützten, sodass Allah ihrer gedachte und sie unterstützte. Als Saʿd ibn Muʿāḏ starb, wohnten siebzig Tausend Engel seinem Begräbnis bei und der Thron Allahs erbebte. All das, weil die anṣār den dīn Allahs unterstützt hatten. Dafür, ihr aufrichtigen Soldaten, solltet ihr tätig werden, auf dass Allah euch Ehre erweisen möge: Glorie im Diesseits und Erfolg im Jenseits - und das ist wahrlich der große Gewinn. Doch jene, die ihre Umma verraten und den Häuptern des Unglaubens - den USA, Großbritannien und deren Gefolgsleuten - ihre Unterstützung geben, sind diejenigen, die ihr Jenseits verlieren und darüber hinaus noch ihr Diesseits: Nachdem sie ihre Rolle erfüllt haben, werden sie beiseite geworfen und nichts Gutes erlangen - so, wie man es mit ihren Vorgängern getan hat. Sie werden bereuen, wenn die Reue nicht mehr hilft. Werden sie ihre Angelegenheit noch richtigstellen, wenn sie begreifen würden?

﴿إِنَّ فِي ذَٰلِكَ لَذِكْرَىٰ لِمَن كَانَ لَهُ قَلْبٌ أَوْ أَلْقَى السَّمْعَ وَهُوَ شَهِيد

Darin ist wahrlich eine Ermahnung für den, der Verstand besitzt oder hinhört und Zeuge ist.“ (50:37)

11. Šaʿbān 1440 n. H.

17.04.2019

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