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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs, des Erbarmungsvollen, des Barmherzigen

Aus der Serie der Antworten von Scheich ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta
des amīrs von Hizb-ut-Tahrir, auf die Fragen der Besucher seiner Facebook-Seite / Rubrik fiqhī.

Antwort auf eine Frage

Die Bedeutung von Fähigkeit (al-qudra) in den Vollzugsbedingungen des Kalifen

Frage:

Im Namen Allahs, des Erbarmungsvollen, des Barmherzigen. As-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh

Im Buch „Die islamische Persönlichkeit Teil 2“ wird auf Seite 33 (Deutsche Ausgabe, S. 56-57) als siebte Vollzugsbedingung für die Person des Kalifen erwähnt, dass er fähig sein muss, seine Aufgaben als Kalif zu erfüllen. Im weiteren Verlauf kam es zu folgender Aussage: Des Weiteren stellt es keine Vollzugsbedingung dar, dass der Kalif mutig oder mit einer besonderen Weitsicht belegt ist, die beim Betreuen der Bürgerangelegenheiten und dem Leiten ihrer Geschicke zum Tragen käme. Meine Frage hierzu lautet: Zählen diese Eigenschaften nicht ebenfalls zur Fähigkeit (qudra)?

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salāmu wa raḥmatullāhi wa barakātuh

Im Buch wird es wie folgt ausgeführt: Des Weiteren stellt es keine Vollzugsbedingung dar, dass der Kalif mutig oder mit einer besonderen Weitsicht belegt ist, die beim Betreuen der Bürgerangelegenheiten und dem Leiten ihrer Geschicke zum Tragen käme. Diesbezüglich existiert weder ein richtiger Hadith noch ist diese Bedingung einem Rechtsspruch zuzuordnen, der sie zu einer Vollzugsbedingung macht. Trotzdem wäre es besser (vorzüglicher), wenn der Kalif Mut besitzt und sich mit besonderer Weitsicht und starkem Einblick auszeichnet. (Ende des Zitats) Wie du weißt, bedeuten die Vertrags- bzw. Vollzugsbedingungen, dass der Kalifatsvertrag islamrechtlich ungültig ist, wenn die Umma jemanden zum Kalifen wählt, der diese Bedingungen nicht erfüllt. Denkt man nun über diese beiden Eigenschaften, Mut und besondere Weitsicht, genauer nach, wird klar, dass sie nicht zu den Vollzugsbedingungen gehören. Der Kalifatsvertrag wird also nicht ungültig, wenn die Umma einen Kalifen wählt, der diese beiden Bedingungen nicht erfüllt, weil die islamischen Rechtsbelege nicht darauf hinweisen. Sie zählen jedoch zu den Vorzugsbedingungen. D. h., es ist besser, wenn die Umma, diese beiden Eigenschaften bei der Wahl des Kalifen berücksichtigt und darauf achtet, denjenigen zu wählen, der die Vertragsbedingungen und die größtmögliche Anzahl an Vorzugsbedingungen erfüllt. Das ist besser und rechter.

Die Fähigkeit (al-qudra) zählt hingegen zu den Vollzugsbedingungen und bedeutet, dass der Kalif imstande sein muss, die Aufgaben des Kalifats zu erfüllen. Dabei wird die Fähigkeit auf keine bestimmte Sache beschränkt, vielmehr wird alles, was die Fähigkeit des Kalifen in einer Weise beeinträchtigt, die das Bewältigen seiner Aufgaben verhindert, als Verstoß gegen diese Bedingung erachtet. Denn die Tätigkeit des Kalifen besteht darin, die Gesetze des islamischen Rechts anzuwenden. Und dies setzt die Fähigkeit voraus, die Tätigkeiten selbst durchzuführen oder sie selbst nachzuverfolgen, wenn jemand anderer mit ihrer Durchführung beauftragt wird. Ist der Kalif dazu nicht imstande, dann wird es ihm nicht möglich sein, den Kalifatsvertrag zu erfüllen, der ja auf seine Person abgeschlossen wurde, um die Gesetze des islamischen Rechts zu implementieren. Hier reicht es aus, wenn der Kalif die Vertragsbedingungen erfüllt, zu denen auch die Fähigkeit gehört. Kommt ihm diese abhanden, dann ist die Gültigkeit des Kalifatsvertrages nicht mehr gegeben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er an Amnesie leidet, über einen längeren Zeitraum im Koma liegt oder mit ähnlichen Gebrechen zu kämpfen hat, die lange anhalten, sodass die Funktionalität der Regierung im Staat beeinträchtigt ist und der Kalif aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr imstande ist, die Tätigkeiten selbst auszuführen bzw. selbst nachzuverfolgen, wenn er jemand anderen mit ihrer Ausführung beauftragt hat. Das maẓālim-Gericht übernimmt hierbei die Untersuchungen zur Feststellung seines Unvermögens und fasst sodann den erforderlichen Beschluss, um die Vakanz des Kalifenamts zu verkünden.

Was die Nichterfüllung der Vorzugsbedingungen anbelangt, so wird der Kalifatsvertrag deswegen nicht ungültig. So kann der Kalif z. B. mutig sein und die hohe Kriegskunst beherrschen oder mit einer besonderen Weitsicht belegt sein und die besten Universitäten absolviert haben. All das sind jedoch keine Vollzugsbedingungen für den Kalifatsvertrag, weil es keinen islamischen Rechtsbeleg für diese Eigenschaften gibt. Daher bleibt der Vertrag bei ihrer Nichterfüllung gültig. Darüber hinaus hat ihre Nichterfüllung keine lahmlegende Wirkung auf die Durchführung der Kalifatstätigkeiten. Und wenn in manchen Angelegenheiten, wie z. B. im Krieg, Mut verlangt ist, so kann der Kalif Personen zu Hilfe nehmen, die über den erforderlichen Mut verfügen. Das Gleiche gilt bei Themen, die der Meinung von Hochschulabsolventen bedürfen. Auch hier kann der Kalif Leute unter seinen Bürgern mit entsprechender Ausbildung zurate ziehen. Dennoch sollte die Umma, wie wir bereits dargelegt haben, denjenigen zum Kalifen wählen, der sowohl die Vollzugs- als auch die Vorzugsbedingungen erfüllt. Wenn sie jedoch einen Kalifen wählt, der zwar die Vollzugsbedingungen, aber nicht jede der Vorzugsbedingungen erfüllt, dann ist der Kalifatsvertrag gültig, solange die Vollzugsbedingungen erfüllt sind. Dies geht aus den korrekten islamischen Rechtsbelegen so hervor.

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta

27. Muḥarram 1436 n. H.
20.11.2014
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